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21. September 2009 09:19:05

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Im neuen Brenner, dem siebten – und den sollte es eigentlich gar nicht geben, denn der Autor hatte angekündigt, nach dem sechsten, Das ewige Leben, sei Schluss und es gebe keine weiteren Brenners; wir dürfen aber annehmen, dass der Brenner ganz einfach von Wolf Haas, dem Autor, sozusagen Besitz ergriffen hat und der Haas anders gar nicht mehr konnte als weiterschreiben; und wenn man den siebten, Der Brenner und der Liebe Gott, gelesen hat, versteht man das sofort – im neuen Brenner also gibt es eine Menge Neues, zum Beispiel die der deutschen Sprache bisher nicht recht bekannten oder zumindest nicht bewussten Begriffe Aufwachdusel, Ewigkeitsmücke, Lebensrostschüssel, Stänkerlautstärke, Bierkistenintrige und – Achtung! – Testgauner !!! Testgauner ist auf Seite 78, und da steckt der Brenner – inzwischen Chauffeur beim Industriellen Kressdorf, dessen kleine Tochter er andauernd von Wien nach München bzw. zurück fahren muss; auf Seite 78 allerdings ist er dann schon nicht mehr Chauffeur, weil er da bereits gefeuert wurde, man hatte ihm nämlich die kleine Helena aus dem BMW entführt – also da steckt der Brenner in einem echten Schlamassel, aus dem er erst nach vielen Mühen und sieben Toten wieder herausfindet, frage nicht (wie der Wolf Haas, der Autor, das gerne hier und da dran setzt ans Satzende, damit wir nicht fragen; oder „Aber jetzt pass auf, weil das ist interessant!“, bevor was Interessantes kommt, obwohl eigentlich nie was nicht Interessantes kommt.
Natürlich hat’s auch Philosophisches wie immer beim Brenner, etwa da wo uns erklärt wird, „wie gut er – der Brenner – als junger Mann das Jenseits im Griff gehabt hat. Da gibt es ja viele Gedankengebäude, und ich sage, man soll nicht zu viel darüber nachdenken, weil es bringt nichts. Der Brenner war da anders, der hat schon früh den festen Glauben gehabt, dass oft gerade die schönsten Frauen wissen wollen, ob man nur schnell Mann für ein Leben ist oder ob sie auch im Jenseits mit einem rechnen können. Und da hat er ein hervorragendes Gespür dafür entwickelt, mit welcher Antwort er in der jeweiligen Situation den besten Eindruck macht. Eine Zeitlang waren asiatische Meinungen gefragt, und Wiedergeburt der letzte Schrei, dann wieder dass in der ganzen Natur alles irgendwie drinnen steckt, dann bist du wieder mit dem Schamanen gut gefahren. Es hat aber auch welche gegeben, die haben den Widerstand gebraucht, da hat der Brenner gesagt, es gibt leider nichts nachher, weil bei denen hat das mehr gebracht, als wenn du ihnen den Himmel garantiert hast.“ So was etwa und mehr, auch Praktisches, etwa dass man bei Entführungen „nie am Ort der Übergabe einschlafen darf.“
Und zum Stil also wie das Buch geschrieben ist, muss man sagen, dass der Roman Der Brenner und der Liebe Gott eigentlich nicht mehr Geschriebenes ist sondern Gesprochenes, also ein niedergeschriebenes Hörbuch ohne Ton, etwa so wie Eis kein Wasser mehr ist aber doch. Am besten denkt man beim Lesen, der Polt würde es vorlesen, aber dann doch nicht; frage nicht. Wenn du also ein tolles Buch lesen willst, mit Action und allem, einem Toten zum Beispiel in einer Jauchegrube herumschwimmend und vielen tollen neuen Wörtern, die du noch nie gehört oder gelesen hast, dann zögere nicht: Wolfgang Haas: Der Brenner und der Liebe Gott; Roman; Hoffmann und Campe Hamburg 2009; 224 S.; 18,99 Euro

 

Kategorie:

Gewalt | Literatur

 

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