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28. November 2010 16:55:03

… Paris der Träume: IZIS-Retrospektive im Willy-Brandt-Haus

Izis, Fête Place de la République 1950„Es ist weder das ‚moderne Paris’, noch das ‚alte’: Es ist immer ‚mein Paris’, das ich fotografiere“. Die Stadt, in die Izraël Bidermanas emigrierte, weil dort, so hoffte er, seine Träume wahr würden. In einer großen Retrospektive zeigen das Willy-Brandt-Haus und das Institut Français Berlin seine Bilder aus der Zeit der Résistance, aus Paris, London und Israel.

Izis, 1911 als Izraël Biederman (seit 1918 Israelis Bidermanas) im litauischen Marijampole geboren, will eigentlich Maler werden. Doch berühmt wird er – neben Brassaï, Cartier-Bresson, Doisneau und Ronis – als einer der bedeutenden „humanistischen Fotografen“ des 20. Jahrhunderts. Mit 19 geht er nach Paris. Bis zur Flucht mit seiner Familie ins Limousin, arbeitet er in einem Atelier im 8. Arrondissement. 1944 schließt er sich in der französischen Provinz dem antifaschistischen Widerstand der FFI an. In dieser Zeit entstehen seine Portraits der Befreiung, eindrückliche Bilder, die für den Fotografen Izis den Weg vom Handwerk in die Kunst bedeuten: „Ich konnte diese Bilder nicht als klassische Portraits inszenieren, wie ich es gelernt habe.“ Stattdessen fotografiert er die Freiheitskämpfer vor einem weißen Blatt Papier an der Wand, „zwischen zwei Telefonaten“.

Unter dem Namen Izis kehrt Bidermanas nach dem Krieg nach Paris zurück und arbeitet an Paris terrestre – Künstlerportraits von Aragon, Eluard, Breton. 1949 nimmt er eine Stelle als Fotoreporter der neu gegründeten Zeitschrift Paris Match an, für die er die nächsten zwanzig Jahre arbeiten wird. Er portraitiert das Seineufer – seinen Lieblingsort, zu dem er zeitlebens immer wieder zurückkehrt – Arbeiterviertel, Jahrmärkte. Der „poetische Realismus“ gerade dieser Aufnahmen zieht mich selbst im zeitgenössisch unterkühlten und sonnabendlich geradezu ausgestorbenen Willy-Brandt-Haus ganz und gar in den Bann. „Begleiten Sie mich an den Fluss“, höre ich den 1980 in der französischen Metropole verstorbenen Bildkünstler sagen. „Dort portraitiere ich am liebsten.“

Zehn Bücher publiziert Izis zwischen 1951 und 1969, darunter Rêves de Paris mit Colette, Grand bal du printemps und die Charmes de Londres mit Jacques Prévert. Für Paris Match reist er 1952 ein erstes Mal nach Israel, und dann weitere drei Male, u.a. 1961 als Berichterstatter über den Eichmann-Prozess. Die Berliner Ausstellung zeigt eine Reihe von Aufnahmen aus den Jahren 1952-55 in der Sektion Traum vom Gelobten Land.
Schöne Beispiele für eine gelungene Kombination von Chronistenpflicht und Ironie bringt die Serie The Queen’s People, Bilder, die Izis 1953 vor der Krönung der englischen Königin Elizabeth II in London aufnimmt. „Paris Match schickt mich überall hin, wo nichts los ist“, lautete die Losung, und wir blicken mit dem Fotografen tief in die englische Seele: ein Portrait der Queen zwischen den Wurstwaren in der Auslage eines Metzgers, auf der Straße schlafende Londoner, die die Parade nicht verpassen wollen, Kopf- und Halstücher mit dem königlichen Antlitz, Schirme, Spielzeug und jede Menge andere Merchandising-Produkte anlässlich des bedeutenden historischen Ereignisses. Ein lächelnmachender Abschluss einer Ausstellung, die sehr ernst mit den Portraits der französischen Befreier beginnt und mit den witzigen Exzessen des banalen, monarchiewonnigen Alltags endet.
Izis war übrigens ein enger Freund Marc Chagalls, und der einzige, der diesen bei seiner Arbeit an der Deckenmalerei der Opéra Garnier fotografieren durfte. Diese Bilder, wie auch seine Künstlerportraits von Jean Cocteau, Edith Piaf und anderen, sowie der Zirkustraum 1949-1965 sind in Teil zwei der Schau im Institut Francais am Kurfürstendamm zu sehen.

Izis – Paris der Träume ist eine Kooperation mit der Mairie de Paris und wurde vom Sohn des Fotografen, Manuel Bidermanas, und Armelle Canitrot kuratiert. Von Canitrot stammen auch die knappen und sehr informativen Texte zur Ausstellung. Noch zu sehen bis zum 23. Januar 2011.

 

Kategorie:

Fotografie

 

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