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20. März 2008 12:53:57

… zeitlos postmodern: Ott + Stein in der Kunstbibliothek (Kulturforum)

Ott und Stein Ausstellung Kunstbibliothek Kulturforum

Beeindruckend ist schon allein die Menge der Plakate, Buch- und Plattentitel, die in dieser Ausstellung versammelt wurden. Es sollen ca. 400 sein, eine Menge, die zeigt wie lange die beiden Grafiker, die sich seit 1998 eine Professur für Visuelle Kommunikation an der Kunsthochschule Kassel teilen, schon im Geschäft sind. Und man erkennt viele der Plakate, die den Kern ihrer Arbeit bilden, wieder. Man begegnet hier einem Teil der jüngeren Geschichte der Gestaltung des öffentlichen Raums in der Stadt. Es sind Bildmotive, die einen an die vielen Events erinnern, die man vor Jahr und Tag besucht hat, denn die Ott und Stein’schen Entwürfe sind zwar auch für sich genommen immer absolut ästhetisierte grafische Kunstwerke, doch verleugnen sie nie, dass sie zu etwas Nutze sind. Sie sollen nicht auf sich selbst, sondern (in der Regel) auf eine bestimmte Kulturveranstaltung …

… aufmerksam machen. Früher hieß das „Gebrauchsgrafik“ und es sollte nicht den geringsten abwertenden Beigeschmack haben, denn nur wenn man im Sinn behält, dass die Gestalter mit dem Auftrag gebräuchliche Kommunikation zu betreiben, arbeiten, lassen sich die Entwürfe wirklich verstehen.

Natürlich wirkt das eine oder andere aus heutiger Sicht ein bisschen antiquiert, aber das Allermeiste zeichnet sich durch die Zeitlosigkeit der Ideen aus. Und einige Sachen wären heute genauso top-aktuell und überzeugend, wie zur Zeit ihrer Entstehung. Vor allem in den Details findet man wirklich außergewöhnlich schöne grafische Lösungen und der Blick auf den Satz jedes kleinen Textes lohnt sich. Hier zeigt sich die Qualität von Menschen, die Grafik noch wirklich mit der Hand betreiben. Einzeln ausgeschnittene Buchstabenmuster, die noch Mitte der 1990er zu Zeilen und ganzen Layouts zusammengeklebt wurden, lassen nachvollziehen, dass hier zwei Entwerfer am Werk waren und noch heute sind, die vor allem mit einem wachen Auge für grafische Spannung und Harmonie zum Ergebnis kommen.

Ich hatte das Gefühl, hier stellen zwei väterliche Freunde aus, obwohl ich die beiden Herren persönlich gar nicht kenne. Ihr Werk ist schon seit so vielen Jahren präsent und die nächste Generation wuchs beim Thema Museumskommunikation in eine von ihrem grafischen Werken vorgezeichnete Welt aus geometrischen Formen hinein. Es ist eine Welt nach den Vorstellungen der Denkschulen des Bauhauses, der neuen Sachlichkeit Ulms und des Schweizer Grafikdesigns gemischt mit Einflüssen aus dem Art Deco. Wahrscheinlich sind sie damit die deutschen Hauptvertreter eines grafischen Postmodernismus, der auf klassischen Pfaden wandelt.

Kulturforum Potsdamer Platz, Kunstbibliothek
20. März – 15. Juni 2008

 

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