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Monatsarchiv für Dezember 2013

16. Dezember 2013 19:21:51

…und nie intensiver

Man muss sich schon wundern darüber, dass Olivier Messiaen in der Lage sein konnte, sein Quartett auf das Ende Zeit / Quatuor pour la fin du temps 1940/41 im Kriegsgefangenenlager von Görlitz nicht nur zu komponieren und zu proben, sondern bei der Uraufführung vor den Internierten auch noch zu einem großen Erfolg zu machen – diese für ihre Zeit so extreme, so sperrige und für so gut wie alle Zuhörer dieser kuriosen Premiere völlig fremde Musik.

Mitsuko Uchida (Klavier), Daishin Kashimoto (Violine), Ludwig Quandt (Violoncello) und Wenzel Fuchs (Klarinette) gaben am Sonntagnachmittag im Kammermusiksaal der Philharmonie eine überzeugende Antwort: Es geht Messiaen einzig und allein um Intensität. Diese aufs Wesentliche reduzierte, auf intensive Versenkung hin – ob religiös fundiert oder nicht – komponierte Musik trieb vor über siebzig Jahren in einem verlausten Nazi-Lager eine Zuhörerschaft halb verhungerter und am Rande der Verzweiflung dahintaumelnder französischen Soldaten ohne weiteres über den Rand hinaus in die Verzückung, ganz egal ob sie ansonsten bei Edith Piaf, Beethoven oder Count Basie verpolt waren. Ein schlecht gestimmtes Klavier aus einer Baracke im Lager, Cello, Klarinette und Violine von minderer Qualität: belanglos, die Zeit blieb stehen. Natürlich spielten Uchida, Kashimoto, Fuchs und Quandt auf höchstem Niveau; Virtuosität und handwerkliches Können ersetzten die lausigen Umstände – und wieder blieb wenigstens für einen Moment die Zeit stehen.

Viele versuchen´s mit Drogen, manche mit Religion – die wenigen winzigen und schwer zu ortenden Öffnungen in den psychischen und körperlichen Panzerungen von uns Spätmodernen sind jedoch nur noch so zu finden.

 

Kategorie:

Musik

 

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