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22. März 2009 19:40:50

… beschreiblich: über das eigene Äußern

Schon seit Längerem kommen zwei Umstände zusammen, die mich vom Bloggen abhalten:

Zum Einen ganz schnöde, die Tatsache, dass bei studio adhoc einfach sehr viel Arbeit anliegt, die mich nicht nur zeitlich ziemlich fordert, sondern auch inhaltlich stark beschäftigt. Nach und nach wird das Schreiben auch vermehrt ein signifikanter Bestandteil meiner gestalterischen Tätigkeit und mir scheint, dass damit das Bedürfnis, mich hier im Blog zu äußern, etwas abgenommen hat. Über das gleiche Phänomen las ich gerade in dem Buch „The Tokio Diaries“ von David Schuman, der ein rockiges Diary seines Japan-Aufenthalts geschrieben hat und bei dem ich gestern im Ramones-Museum bei einer Lesung war. Auch er sagt, dass er an Tagen, an denen er viel schriftliche Kommunikation mit Freunden in Deutschland hatte (E-Mails-Schreiben), keinen Drang mehr hatte, sich auch noch dem Verfassen seines Tagebuchs zu widmen. Auch er beklagt gleichsam, dass aber durch diese Art der Bedürfniserfüllung (oder ist es Faulheit?) alles verloren ginge, was er gerne aufheben wollte.

Zum zweiten hinterlies die intensive Beschäftigung mit der sogenannten „Gewaltfreien Kommunikation“ (mir wäre lieber, sie hieße „empathische Kommunikation“) in den letzten Monaten einen starken Eindruck in meinem Denken und Handeln. Ein zentraler Punkt beim gedanklichen Umstellen der eigenen Kommunikation (sow0hl beim Rezipieren wie beim Senden) auf die gewaltfreien Prinzipien ist, das strikte Auseinanderhalten von … Beobachtung (sehen, erleben, hören, …) und der Beurteilung des Beobachteten. Die Herausforderung besteht darin, die Dinge (oder Kummunikate) nicht beim ersten kognitiven Erfassen sofort in Gutes und Schlechtes zu separieren, sondern die Gedanken erst einmal ein bisschen durch verschiedene Hirnariale auf die Reise zu schicken (Beobachten, Fühlen, Bedürfnisse erkennen), bevor eine Bewertung stattfindet, die sich darauf richtet, ob tatsächlich bestehende Bedürfnisse durch das Geschehene/Stattfindende (durch das Kommunikat) eher befriedigt oder nicht befriedigt werden. Dieses Verfahren erfordert eine neue Position gegenüber der klassischen Kritik, die ja gerade die Kunst des Beurteilens ist, und in der ich mich hier im Blog immer versuche. Ich bin mir noch nicht ganz sicher, ob sich das typisch gewaltfreie Paraphrasieren der inneren Prozesse, also das Transparentmachen der eigenen Gefühlslage, für mich und dieses Blog das geeignetes Reaktionsverfahren auf äußere Reize (=Kulturangebot der Stadt) darbietet. Ich bin derzeit recht irritiert und verunsichert, da eigene Werte(prä)positionen erheblich ins Wanken geraten sind und die gewohnten Reaktionsschemata, die durch (mir selbst wohlbekannte) Schlüsselbegriffe getriggert wurden, seit einiger Zeit ganz neue Beurteilungen hervorrufen. Ich fürchte, dass eine derart uneinheitliche Kritik mir auch noch die letzten Leser verkrault. Andererseits ist das alternative Zurückziehen auf das bloße Beobachten natürlich für mich ebenso wie für Leser wenig ergiebig und verhindert vielleicht sogar eigene ungerichtete Beobachtungen bei Lesern.

Es gilt also (nur für mich gesprochen!), eine neue Schreibkultur zu entwickeln, die weniger zeitintensiv ist (wobei ich es ja gerade angenehm fand, viel Zeit mit der Nachbereitung von Erlebtem zu verbringen), anderen eigene Beobachtungen nicht verbaut und mir trotzdem erlaubt eigene Positionen zu beziehen.

Mal sehen was dabei herauskommt? Die Liste der unverblogten Events der letzten Wochen, die ich zum Üben heranziehen kann, ist jedenfalls lang …

 

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Alltägliches

 

Eine Reaktion

  1. norm

    Wie wäre es denn mit Tondokumenten statt getipptem Text? Sozusagen ein Audioblog, dann spart man sich die Zeit zum Tippen. Das sollte nicht den schriftlichen Blog ersetzen sondern einfach für zeitlich regelmäßige Einträge sorgen. Denn schade am bloggen ist ja, daß man keinen Notizen veröffentlicht, die aber bestimmt brauchbare Inhalte liefern könnten.

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