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Archiv der Kategorie ‘Alltägliches‘

21. Juni 2011 12:53:30

… Kaffee-Stadt: Neues Café-Rezept entwickelt, den Adhocco

cafe adhocco

Die Mädchen in unserer Agentur haben seit einiger Zeit eine spezielle Art, ihren Café zuzubereiten entwickelt: 1 Kaffee + 1 Espresso + Rest des Glases mit warmer Milch und frischem Milchschaum auffüllen. Das Ergbnis ist ein „Adhocco“ – ein starker Capuccino mit wunderbar dicker Schaum-Crema, die durch das doppelte Kaffeebrühen und ein bisschen Milchschaum entsteht. Sehr lecker und zur Nachahmung empfohlen!

 

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Alltägliches | Kochen | Soziales

 

19. Juni 2011 21:06:54

… Häupter: Gekrönte und ungekrönte

Im Erdgeschoss des Kulturkaufhauses Dussman in der Friedrichstraße residiert seit geraumer Zeit eine Königin. Die ägyptische Pharaonin Hatschepsut hält, hier in Gestalt einer Sphinx, Hof und lässt sich von den Besuchern bewundern. Diese Herrscherin hatte bereits vor ca. 3500 Jahren, also lange vor einer Diskussion über Frauenquoten, das Zepter und die Macht, in dem damals wohl zivilisiertesten Land der Erde, in der Hand. Dies gilt, obwohl man hin und wieder bei Ägyptologen liest oder von Touristenführern hört, dass sie meist in Gestalt eines Mannes, also als Pharao, auf den Zeichnungen der inzwischen erschlossenen Grabmale dargestellt worden ist. Hatschepsut, ein wunderbarer Name, der sich – fällt mir gerade ein – vielleicht auch als Markenname für Nasentropfen sehr gut anhören würde, war jedenfalls eine gekrönte Königin.

Einige Meter weiter treffen wir – immer noch im Kaufhaus Dussmann unterwegs – auf einen ungekrönten König, dem dieser Tage ein ganzer Tisch für die Ergebnisse seines bisherigen musikalischen Werkes eingeräumt wurde. Über Bob Dylan, der am 24. Mai 70 Jahre alt wurde, ist schon fast alles geschrieben worden, so dass mir nur eines festzuhalten bleibt: Als er anfing zu singen, hörten ihm heutige Großmütter und Großväter in Sehnsucht und Verwirrung zu; nun spielt er immer noch, jetzt aber auch für die Enkel.

Am gestrigen Abend stieg an der Straßenbahn-Haltestelle Bahnhof Friedrichstraße eine festlich, überwiegend in Schwarz, gekleidete fünfköpfige Familie aus, deren Ziel das Maritim-Hotel war. Dort fanden Abi-Abschlussbälle statt, darunter auch einige von den Klassen, die von einer Berliner Firma betrogen worden waren. Während der Vater mit den zwei Mädchen vorauseilte, blieb die Mutter mit dem Jungen etwas zurück. Plötzlich nahm sie die Hand ihres, sie um einen Kopf überragenden Sohnes und begab sich – noch auf der Halteinsel der Straßenbahn – mit ihm in Tanzposition, zog ihn an sich und zeigte ihm die Tanzhaltung. – Sie und andere Mütter waren gestern abend nicht der Mittelpunkt der Feier, aber sie gehören auch zu den ungekrönten Guten. Sie haben ihre Kinder auf den abschließenden Tanz begleitet, aber auch nach dem Abitur werden viele der 18/19-Jährigen den eigenen Schritt nicht ohne Umwege und Hilfe finden.

 

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18. Juni 2011 14:52:35

… interkulturell: Menschen und Tiere

Das Haus, in dem ich wohne, ist ein ruhiges. Selbst Geburtstagsfeiern oder andere Feten verlaufen zumeist mit gedämpftem Geräuschpegel. Vielleicht ist der Bildhauer aus dem Vorderhaus symptomatisch für das gesamte Klima unter den Leuten. Wenn wir uns mal im Treppenhaus begegnen, wird zurückhaltend, aber freundlich, gegrüßt. Dabei würde mich schon mal interessieren, warum er immer die Frauen in seine Wohnung abschleppt. Genauer gesagt, sind es Skulpturen, oft lebensgroß, die dann irgendwann in seinem Zimmer, welches man von der Straße aus sehen kann, erscheinen und zu denen der Beobachter – wenn er nicht genau hinschaut – denken könnte, Menschen hätten sich im zweiten Stock zu einer Ausstellungseröffnung in unterhaltender Runde versammelt.

Mein Gegenüber im Hinterhaus pflegt das Multikulturelle: Zu seinem Haushalt zählen diverse Fische in einem prächtigen Aquarium und zwei edle Katzen – tippe auf Perser. Alle scheinen sich prima zu verstehen. Jedenfalls war noch nie Lärm zu hören, der darauf schließen ließe, dass die Katzen, die sehr mondän erscheinen und ungestört sowohl Tisch, als auch Kühlschrank meines Nachbarn zu ihrem Laufsteg auserkoren haben, den Fischen zu nahe getreten wären.

Des Nachbarn Fenster zum Hof ist allerdings mit einem Netz gesichert, welches mich an ein Handballtor erinnert. So sitzen die Damen Katzen des öftern auf dem Fensterbrett und betrachten von höherer, vernetzter Warte das Hofgeschehen. Ab und zu geht ihr Blick zu dem Grünfinken, der, insbesondere morgens, sein einfallsloses und monotones Fiepen ertönen lässt oder nach oben zum Mauervorsprung, wo der Amselhahn abends sein reichhaltigeres Repertoire in – zumindest für Ohren menschlicher Zweibeiner – wohlklingender Weise vorträgt. Einige Jahre brüteten die Amseln auf dem Hinterhof an der Wand mit dem stark gewachsenen Efeu. Nun hat der Wohnungsverwalter das Grün zurückschneiden lassen, weil es bereits in die Fenster hineinwuchs. Diese Aktion der Menschen kostete die Amseln ihren Nistplatz. Einmal waren Elstern über das Gelege der Amseln hergefallen und hatten eines der, noch nicht flugfähigen, Jungvögel totgepickt. Der, das mehrfache Anfliegen der Elstern und das aufgeregte Käckern der Amseln beobachtende, Mensch hatte einige Male mit lauten Rufen zugunsten der Amseln eingegriffen, konnte aber, da nicht ständig vor Ort, letztlich am Gang der Dinge nichts mehr ändern.

 

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14. Juni 2011 23:20:16

… sprachlos, oder: English for all?

Am Zeitungsstand im Bahnhof Friedrichstraße gab es heute nachmittag einen kleinen Aufreger. Ein dürres, kleines, leicht angedudeltes Männchen von vielleicht 65 Jahren, bekleidet mit einem karierten Hemd und einem Strohhut, wollte von der Verkäuferin wissen, warum sie kein Englisch spreche! „Why don’t you speak English“? blubberte der Mann die junge Frau mehrfach an, bis diese sich männliche Verstärkung holte. Auch ihn befragte der fidele Brite lautstark, ob er Englisch könne. „Do you speak English“?. „Yes, a little bit“, lautete die Antwort und nach der wiederholten, identischen Frage des Touristen dann: „Immer noch – a little bit“. „Why don’t you have english papers“?, bohrte der kleine Mann weiter. „Yes, we have – which do you want?“, so der Verkäufer. „Daily Telegraph“, wiederum der Mann von der Insel. Dieses Blatt war jedoch nicht im Sortiment, aber andere englische Zeitungen, von denen er dann eine kaufte. Vor der Kasse stehend redete er nochmal auf die Verkäuferin ein: „Why don’t you speak English. We are the Greatest. We have The Queen“. Dann zog er ab.

Die Financial Times Deutschland berichtete heute, dass laut Untersuchung eines Wirtschaftsprofessors aus dem Saarland bei 30 großen deutschen Unternehmen Anglizismen über Gebühr in den Geschäftsberichten vorkämen und dass dies sogar juristische Konsequenzen nach sich ziehen könne, da laut Handelsgesetzbuch der Jahresabschluss in deutscher Sprache zu erstellen sei.

Also: „Wat den Eenen sin Uhl, is den Annern sin Nachtigall“. (Fritz Reuter)

 

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Alltägliches

 

13. Juni 2011 21:35:56

… zu Pfingsten: Originales und Originelles

Es ist immer interessant, nach dem Denken, Fühlen und Handeln der Menschen zu fragen. Was bewog zum Beispiel den Hauseigentümer in der Revaler Straße, an seine Hauswand den, aus einem Ovid-Zitat herrührenden, Spruch „Tempora si fuerint Nubila solus eris“ (Wikipedia: „Im Unglück wirst du allein sein“) anbringen zu lassen? Hatte er, um nur zwei Möglichkeiten anzuführen, bereits beim Kauf die Vorahnung, dass er seinen Kredit nie würde zurückzahlen können oder schwante ihm bereits zu diesem Zeitpunkt, dass seine Frau ihn verlassen würde?

Ebenso unbekannt sind die Motive jenes Sprayers, in erwähnter Straße auf einem Hausdach, dass von der Fussgängerüberführung am S-Bahnhof Warschauer Straße gut sichtbar ist, den Spruch „DEUTSCHLAND VERRECKE!!! KOPI BLEIBT!“ für die lesende Nachwelt zu hinterlassen. Vielleicht hat der Mann weder Arbeit noch Wohnung und seine Wut ist groß. Möglicherweise führt er aber auch ein ganz zufriedenes Leben und zieht mit seinen Spraydosen durch’s Land.

Auf dem vormaligen RAW-Gelände, südlich der Revaler Straße, welches den Eindruck eines in Auflösung befindlichen Lagerplatzes macht, scheint es überwiegend glückliche Menschen zu geben. Während sich am gestrigen, frühen Abend einige gutgelaunte Bewohner, mit einer Flasche Bier in der Hand, von der Sonne den Nebel des Vorabends aus den Köpfen vertreiben ließ, gingen andere ihrem Beruf nach und bedienten Gäste. Dass auf dieser besonderen friedrichshainischen Enklave deutsche Edelautos u.a. mit den Kenzeichen WI… und ERH… herumstanden, irritierte nicht nur auf den ersten Blick.

Beeindruckend war der Menschenstrom, der sich – ameisenkolonnengleich – vom S-Bahnhof Warschauer Straße hin zum gleichnamigen U-Bahnhof, weiter über die Oberbaumbrücke nach Kreuzberg und andererseits die Warschauer hoch bewegte, wobei  ein kleiner Teil der Menge auch in die touristisch überfrequentierte Simon-Dach-Straße abbog. Nur vereinzelt waren Pfingstausflügler hingegen in der Oberbaumcity vertreten. Hier, an der leider geschlossenen Zwinglikirche und den historisch interessanten, sanierten Industriebauten (heute BASF, früher NARVA, ganz früher Osram und Wasserwerke) mit dem ersten Hochhaus Berlins in der Rotherstraße, waren die Bewohner des Viertels überwiegend unter sich.

Sehr eng unter sich war man am Sonnabend im Schienenersatzverkehr von Storkower Straße Richtung Schönhauser. Der Busfahrer gab sich große Mühe, mitfahrende Touristen, vielleicht auch ein paar neue Zuzügler zu erschrecken. Er fuhr schnell, bremste scharf und brachte seine Durchsagen mit Grabesstimme und ohne jede Emotion über das Mikrofon. Busfahrer und Politessen sorgen ja ab und zu dafür, dass die Begeisterung der Einheimischen und Besucher für Berlin auch mal abgekühlt wird. Zu Stadt-Originalen werden beide Berufsgruppen damit aber noch lange nicht.

 

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9. Juni 2011 21:41:55

… Augenblicke: Jenseits von EHEC

Das Wartezimmer des Berliner Internisten war nur spärlich gefüllt. Eine etwa 40-jährige Frau mit leicht hervortretenden Augäpfeln, struppigem Haar und leidendem Gesichtsausdruck lag beinahe auf ihrem Stuhl und wartete anscheinend sehnlichst darauf, aufgerufen zu werden. Zwei Stühle weiter hatte sich ein 65-jähriger Mann mit schütterem Haar und einem markanten Schwimmringbauch niedergelassen und wurde kurz darauf von der, unentwegt redenden, Schwester zum Blutabnehmen ins Labor gebeten. Von dort konnte man das Ergebnis der vorgesehenen Prozedur akustisch mit verfolgen: Es klappte nicht. Nach zwei Versuchen brachte die Schwester den Mann wieder in das Wartezimmer zurück, gleichzeitig die übrigen Ausharrenden darüber aufklärend, dass „man ja nicht beliebig oft zustechen kann“. In der Zwischenzeit hatte eine korpulente 50-jährige Frau, deren optisches Erscheinungsbild durch verschiedene, nicht zueinander passende, Rottöne gekennzeichnet war, den Wartebereich betreten um sogleich der Schwester einen mitgebrachten Blumenstrauß zu überreichen. Ansonsten waren alle mit sich beschäftigt und starrten vor sich hin. Auf den Tischen lagen Image-Broschüren der Krankenkassen bzw. irgendwelche Werbeprospekte herum. Wer sich krank fühlt, hat kein Interesse an Krankenkassengelaber, noch weniger an Belehrung, höchstens an Unterhaltung und Ablenkung. Solche Zeitschriften fehlten aber in dieser Arztpraxis.

Als ich nach einer Stunde aufgerufen wurde und dem Arzt die Hand geben wollte, murmelte dieser etwas von EHEC, Grippe, Viren und ließ seine Hand stecken. Im Eiltempo wurde dann die Diagnose gestellt und die Anweisung für diverse Überweisungsscheine in den PC gehämmert. Sein Hinweis, dass es mit einem Termin beim Radiologen sehr schwer werden würde, erwies sich später als Volltreffer. Das deutsche Gesundheitswesen, welches den Menschen vom Patienten zunehmend in einen Kunden verwandelt hat, lebt (u.a.) vom flächendeckenden Einsatz der nun mal vorhandenen Medizin- und Labortechnik – gleichzeitig macht es damit alles immer teurer und irgendwann unbezahlbar. Bei der Quellensuche – die wie das Hornberger Schießen ausgehen könnte, denn man wird keinen Schuldigen finden – für den EHEC-Erreger hilft diese hochqualifizierte Technik offensichtlich aber auch nicht weiter. Vielleicht setzt sich ja auch mal die, selbst für medizinische Laien leicht nachvollziehbare Erkenntnis durch, dass man nicht vier Millionen Jahre menschliche Evolution (und damit Krankengeschichte) durch 50 Jahre Laborforschung kompensieren oder gar aushebeln kann!

 

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1. Juni 2011 18:41:07

… fremdreferenziell: Die Blaubeere

Bald ist es wieder soweit. Hartnäckige Beerenfreunde begeben sich in die waldreiche Umgebung Berlins, dem Fuchsbandwurm und der Zecke trotzend. Das bei einer solchen Pirsch auch philosophische Erkenntnisse in den Sammlerkorb purzeln, zeigt das nachfolgende Naturprodukt, welches gleichermaßen durch gemobbte Arbeitnehmer, unglücklich Verliebte, Copy and Paste-Opfer, unentdeckte Talente und politische Hinterbänkler bedenkenlos konsumiert werden kann. Nebenwirkungen sind nicht bekannt.

Was lernt der Mensch beim Blaubeerpflücken?
Zunächst einmal muss er sich bücken!
Muss wenigstens zwei Stunden suchen
für einen guten Blaubeerkuchen.

Gut sichtbar sind die kleinen, hellen,
die sollen uns den den Weg verstellen,
hin zu den dunklen, großen, schönen,
Blaubeeren, die uns dann versöhnen.

Erkenntnis Nummer Zwei kommt später:
Die Blaubeer ist nur ein Vertreter.
Ein Gleichnis für das Menschenleben
hat uns hier die Natur gegeben:

Bemerkt werden die lauten Leute.
Das Grelle drängt nach vorn – bis heute.
Versteckte Klasse kann beglücken,
nur selten – wie beim Blaubeerpflücken.

 

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Alltägliches | Freizeit

 

31. Mai 2011 13:24:54

… selbstreferenziell: Berlin ist, wenn die Berliner Morgenpost eine Kampagne macht

morgenpostkampagne

Es ist unter Gestaltern und Werbern weit verbreitet, zu behaupten, man hätte eine Idee vor einem anderen, meist größeren Player gehabt, und der andere hätte die Idee bei einem geklaut. Es ist dies eine in der Regel schwer erträgliche From des Selbstmitleids, des Haderns mit den eigenen Möglichkeiten des Publizierens und dazu fast immer auch unbelegbar in der Behauptung.

Nun möchte ich in dieses jammernde Horn blasen und zeigen, dass dieses Blog namens „Berlin ist …“ für zwei Werbe- bzw. Marketingkonzepte in dieser Stadt inspirierend zu sein scheint.

Zunächst muss ich darauf hinweisen, dass natürlich die Namensgebung für das Blog von der ultimativ spießigen und unfassbar erfolgreichen Liebe-ist-Comic-Reihe inspiriert ist, die schon seit den 70er in der Bild-Zeitung und in vielen anderen Publikationen erscheint. Damit sollte von Anfang an die naive Herangehensweise an diese Stadt angedeutet werden, mit der ich und andere auf diesem Blog unsere Stadtsicht in Textbeträge umformulieren. Zweifelsfrei ging es im November 2006 los mit Berlin-ist.de (Link zum ersten Artikel „Braucht die Welt noch einen Blog?).

Nach einigen Jahren hat einer von der Online-Redaktion der Berliner Morgenpost mal bei mir angerufen und gefragt, ob sie meinen Blog auf ihrem Blogverzeichnis der besten Berlin-Blogs aufnehmen dürfte? „Klar warum nicht“ war meine Antwort und das Link war dort jahrelang verzeichnet. (Habe diese Seite jetzt leider nicht mehr im Web gefunden). Nun wirbt eben diese Zeitung seit längerem mit dem Slogan „Berlin ist, wenn …“ und bindet mit Claim „Das ist Berlin“ ab (Link zu den Kampagnenmotiven und Imagefilm der Morgenpost) und sie haben damit – sieh an – einen ADC-Award gewonnen. Die Kampagne ist nicht auffällig schlecht gemacht, wenn auch für das Produkt selbst recht unglaubwürdig, da die Leserschaft der Morgenpost (in Berlin eher „Mottenpost“ genannt) kaum so cool und frisch ist, wie die abgebildeten Motive es vermuten lassen sollen. Aber es soll ja verjüngend wirken – tut es vielleicht ja sogar.

Ein anderes Printprodukt, das sich frech an der Grundidee dieses Blogs bedient, ist das Shopping-Heftchen „Berlin ist …“, das seit etwa einem Jahr bei den teilnehmenden Geschäften ausliegt. Ein langweiliges kleinformatiges Heftchen mit bezahlten Einkauftipps aus den Kiezen. Lahmes Konzept, lahmes Design.

„Ja verdammt nochmal: Könnt ihr euch denn nicht’s eigenes ausdenken?!“ sollte ich schreien, aber irgendwie fühle ich mich auch geehrt, andere Menschen mit der Idee dieses Blogs zu beflügeln. Ihr müsst halt damit rechnen, irgendwann auch hier verarbeitet zu werden.

 

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24. Mai 2011 18:24:26

… Augenblicke: Marathongeschichten

Der 26. September 2010 war ein kühler und regnerischer Tag. Von der Abgabe der Laufbeutel bis zum Starterfeld des 37. BerlinMarathon brauchte man ca. 25 Minuten Wegezeit, was ich für zu lang halte (ähnlich wie die Wartezeit im „Zieltrichter“, bis einem die Medaille umgehängt wurde). Das Starterfeld der ca. 40000 war in sechs große Blocks eingeteilt, die sich auf der Straße des 17. Juni, mit Gittern zum Tiergarten hin abgegrenzt, aufgebaut hatten. Die Läufer standen sehr beengt und nach Abgabe des Startschusses vergingen, wie bei allen Großläufen, einige Minuten, ehe alle Teilnehmer mit ihrem Chip die Startlinie und somit den Beginn der elektronischen Zeitmessung, erreicht hatten. Für mich war 2010, trotz vieler Vorsätze, der erste „heimische“ Marathon. Meine bisherige Abneigung resultierte vor allem aus der Tatsache, dass die Strecke vollständig auf Asphaltbelag zu absolvieren ist. Trotz einer für mich akzeptablen Zeit von 4:06:03 war ich mit dem Verlauf nicht zufrieden, da meine Beinmuskeln bereits ab km 27 „fest“ waren. Da konnte mich auch die begeisterte Anteilnahme der Berliner, wie der Touristen und die dichte Atmosphäre eines Stadt-Marathons nur noch teilweise aufmuntern.

In einem weniger großvolumigen Rahmen startete am 21. Mai 2011 der 39. GutsMuths-Rennsteiglauf in Thüringen – insgesamt waren 14220 Teilnehmer dabei, darunter 2011 auf der Super-Marathon-Strecke (72,7 km), 2812 Läufer beim Marathon (43,5 km) und 5881 auf der Halbmarathon-Distanz. Der Rennsteiglauf – auch größter Cross-Marathon Europas genannt – war bereits vor 30 Jahren ein Kultlauf und er ist es noch heute. Wer ihn einmal mitgelaufen ist – auch viele Berliner sind jedes Jahr mit Begeisterung dabei – wird immer wieder kommen und sich neben der sportlichen Herausforderung, der perfekten Organisation, der stets guten Stimmung auch am Maiengrün des Thüringer Waldes erfreuen. Der diesjährige Marathon, traditionsgemäß mit dem Schunkeln des „Schneewalzers“ zehn Minuten vor dem Start in Neuhaus am Rennweg eingeleitet (und am Abend nach dem Lauf immer mit einer gewaltigen Sause im Zielort Schmiedefeld beendet) war wettermäßig ebenfalls nicht einfach, da es auf den ersten Kilometern sehr schwül war und auf dem letzten Abschnitt wolkenbruchartige Niederschläge auf das Läuferfeld niedergingen. Für mich war es der 23. Marathon auf dem Rennsteig, den ich diesmal auf dem 1350. Platz beenden konnte. Übrigens: Die schnellsten Berliner bei diesem Lauf – Katrin Schütze mit 4:10:30 bei den Frauen und Stephan Splanemann mit 03:28:24 bei den Männern.

Den beeindruckendsten Moment erlebte ich – schon als Zuschauer – im Stadion von Schmiedefeld, als auf der 73 km-Strecke nach 11 Stunden nochwas zwei Läufer aus dem Gehörlosenlaufverein Essen auf die Zielgerade einbogen. Während der eine mit seinen Kräften am Ende war und nur noch mit Mühe seine Beine voreinander setzen konnte, lief sein Sportsfreund ein paar Schritte vorneweg und versuchte ihn mit lebhafter Mimik und Gestik zu animieren, auch die letzten Meter noch zu schaffen, was auch gelang. Im Ziel angekommen konnten sich beide vor Freude kaum lassen und umarmten einander minutenlang.

 

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17. Mai 2011 21:02:39

… lautstark: Blau Weiss Berolina und andere Verdächtige

Kürzlich las ich an einer Haustür am Koppenplatz: „Sehr geehrte Anwohner, am Sonntag, den 15.05.2011 spielen wir in der Zeit von 14.00-16.00 gegen den FC Nordost. Es ist ein Spitzenspiel und dieses Spiel entscheidet final über den Aufstieg in die Landesliga. Die Mannschaft ihre(s) Kiezes ist Tabellenführer und würde mit einem Sieg in die Landesliga aufsteigen. Das wäre der größte Erfolg in der 62-jährigen Vereinsgeschichte! Wir rechnen mit 400-500 Zuschauern und es kann folglich etwas lauter, als bisher gewohnt, werden. Wir bitten schon heute um Verständnis …“

Sehr rücksichtsvoll, Blau Weiss. Aber Sapperlot und Donnerlittchen, wo leben wir denn?! Wo, wenn nicht bei einem Fußballspiel, kann auch mal gebrüllt und voller Leidenschaft auf die Pauke gehauen werden. Berlin ist eine Großstadt und wer hier die sonntagnachmittägliche Friedhofsruhe eines Dorfes oder einer Kleinstadt sucht, muss sich in der Adresse geirrt haben. Außerdem ist Mitte eben nicht Marienfelde oder eine Villenkolonie am Wannsee. Für Immobilienscouts und andere Ermittler hier eine kleine Liste der üblichen, bekannten Geräuschverdächtigen, die ggfs. zu verhaften oder wenigstens zu verklagen sind: Durch Kurven quietschende Straßenbahnen. Von Ampel zu Ampel jagende, wolfsrudelähnliche Autopulks. Große und kleine Touristengruppen – mit oder ohne Alkoholspiegel – per pedes oder Rad. Eingezäunte Baustellen, die dennoch öffentliche Konzerte im Rammen, Kranen, Baggern oder Gerüstbauen veranstalten. Orangefarbene Müllkutscher, die durch Hauseinfahrten poltern. Dröhnendes oder (je nach Entfernung) schnurrendes S-Bahn-Klackern. Flugzeugbrummen, welches vom Himmel über Tegel nach Mitte tönt. Aufheulende Krankentransporte – auf dem Weg zur Charite – die Häuserschluchten für die Schallverstärkung nutzend. Lautsprecherbewehrte Demonstranten, die vor der FDP oder dem Weltuntergang warnen. Ein Led Zeppelin-Fan, der seine Nebenstraße selbstlos am „Immigrant Song“ teilhaben lässt. Liebende oder streitende Geschlechter. All das ergibt eine veritable Geräuschkulisse, die erst am Sonnabend morgen erlischt. Aber dann beginnt das Wochenende und da ist schließlich Fußball!

Übrigens: SV Blau Weiss Berolina Mitte 49 e.V. gegen FC Nordost – 1:0. Gratulation zum Aufstieg!

 

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