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9. Juni 2008 14:05:21

… Frisch kombiniert: Arno Rink und Miriam Vlaming

Blick in die Ausstellung, Bilder von Miriam Vlaming

Man könnte meinen, die Ausstellung „Rink & Vlaming Malerei“ bei Frisch in der Halle am Wasser ist eine nach dem Motto „Der alte Mann und das Mädchen“. Doch so ist es ganz und gar nicht. Denn Arno Rink, der altgediente Malerei-Lehrer aus Leipzig und auch der Lehrer von Miriam Vlaming, (er)findet sich gerade neu, während die junge Miriam Vlaming ihren jüngst sehr erfolgreichen Stil gradlinig durchzieht. Der Alte kann sich auf dem Hintergrund seines Lebenswerkes wieder auf die Suche machen, während die Junge möglichst wiedererkennbar Flachware produziert. Es sieht allerdings auch bei Miriam Vlaming nicht so aus, als würde es ihr keinen Spaß machen und … natürlich erscheint ihr Werk formal aktueller. Sie ist eine absolut zeitgenössische Malerin, was bei einer deutschen Künstlerin fast automatisch die Hinwendung zu den Themen Heimat, Romantik und Geschichte bedeutet (warum nur?). Dunkle Bilder, auf denen ein bisschen deutscher Wald, Omas Schrankwand, ein Wehrmachtssoldat, eine schlagende Verbindung, oder ein Paar im Schlauchboot beim Ausflug auf einem Stausee (Was sich da wohl aufstaut und wohl möglich los bricht?) zu sehen sind. Bedrohlich warme Retrogefühlswelt aus unsicherer Distanz. Alles sehr große Formate in im Prinzip klassischer Malweise, die auf einer, durch technische Vorbearbeitungsprozesse, randomisierten Oberflächenstruktur stehen. Das ist gut gemacht aber nicht sonderlich spannend. Eben zeitgemäß.

Arno Rink hingegen kämpft mit sich, obwohl bei ihm jeder Pinselstrich sitzt. Er war immer ein figurativ arbeitender Maler, dem nun die Figuren aber zu entschwinden drohen. Zu sehen ist eine Bilderreihe, in der das Gemälde „Wollt ihr mich verlassen?“ als zentrales Werk steht. In der ganzen Reihe werden Teile von Figuren aus den anderen Bildern aufgenommen und einzeln behandelt. Er stellt sich selbst malenderweise die Frage nach der Notwendigkeit der Figuren im Bild, zumal er mit den Bildtiteln zeigt wie ihm der Sinn steht. Mit „Lot’s Töchtern“ und „Flucht“ gibt er als Interpretationsgrundlage die alttestamentarische Geschichte aus der Stadt Sodom vor, in der alle guten Sitten des sozialen Zusammenlebens vom ungezügelten Ausleben der Triebe verdrängt wurden. Auf Anraten zweier Engel flieht der alte Lot mit seiner Frau und zwei Töchtern bevor Gott die Auslöschung des Sündenpfuhls Sodom exekutiert. Seine Frau sieht, gegen die göttliche Anweisung, „am Strand“ zurück zur Stadt und wird sogleich vom himmlischen Fluch getroffen und erstarrt zur Salzsäule.

Nun hoffe ich annehmen zu können, dass Arno Rink nach langer Lehrtätigkeit unter sozialistischer Führung nicht zum strengen Katholiken geworden ist, und so verstehe ich die Thematik als Ikonoklasmus-Metapher eines Künstlers, der weiß, dass er selbst der rachsüchtige Gott über die Welt, die Bildinhalte und die Themenauswahl ist. Es ist also seine eigene Lust, sein Sodom zu vernichten und die gleichzeitige Hoffnung auf eine eigene rettende Flucht (mit ein paar wenigen Figuren der eigenen Familie), um dem Schlamassel zu entkommen. Da stellt sich natürlich die Frage, was sein Sodom ist? Ist es die Welt in der wir leben, die dem Künstler unerträglich wird oder das bisherige eigene Werk des Künstlers, vielleicht sogar einschließlich des Ergebnisses seiner Lehrtätigkeit, was dann auch Miriam Vlaming wieder einschließen würde.

Das ist sehr gut gemacht aber vor allem sehr spannend. Ist es deshalb nicht zeitgemäß? Hoffentlich nicht!

 

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