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19. Juni 2011 21:06:54

… Häupter: Gekrönte und ungekrönte

Im Erdgeschoss des Kulturkaufhauses Dussman in der Friedrichstraße residiert seit geraumer Zeit eine Königin. Die ägyptische Pharaonin Hatschepsut hält, hier in Gestalt einer Sphinx, Hof und lässt sich von den Besuchern bewundern. Diese Herrscherin hatte bereits vor ca. 3500 Jahren, also lange vor einer Diskussion über Frauenquoten, das Zepter und die Macht, in dem damals wohl zivilisiertesten Land der Erde, in der Hand. Dies gilt, obwohl man hin und wieder bei Ägyptologen liest oder von Touristenführern hört, dass sie meist in Gestalt eines Mannes, also als Pharao, auf den Zeichnungen der inzwischen erschlossenen Grabmale dargestellt worden ist. Hatschepsut, ein wunderbarer Name, der sich – fällt mir gerade ein – vielleicht auch als Markenname für Nasentropfen sehr gut anhören würde, war jedenfalls eine gekrönte Königin.

Einige Meter weiter treffen wir – immer noch im Kaufhaus Dussmann unterwegs – auf einen ungekrönten König, dem dieser Tage ein ganzer Tisch für die Ergebnisse seines bisherigen musikalischen Werkes eingeräumt wurde. Über Bob Dylan, der am 24. Mai 70 Jahre alt wurde, ist schon fast alles geschrieben worden, so dass mir nur eines festzuhalten bleibt: Als er anfing zu singen, hörten ihm heutige Großmütter und Großväter in Sehnsucht und Verwirrung zu; nun spielt er immer noch, jetzt aber auch für die Enkel.

Am gestrigen Abend stieg an der Straßenbahn-Haltestelle Bahnhof Friedrichstraße eine festlich, überwiegend in Schwarz, gekleidete fünfköpfige Familie aus, deren Ziel das Maritim-Hotel war. Dort fanden Abi-Abschlussbälle statt, darunter auch einige von den Klassen, die von einer Berliner Firma betrogen worden waren. Während der Vater mit den zwei Mädchen vorauseilte, blieb die Mutter mit dem Jungen etwas zurück. Plötzlich nahm sie die Hand ihres, sie um einen Kopf überragenden Sohnes und begab sich – noch auf der Halteinsel der Straßenbahn – mit ihm in Tanzposition, zog ihn an sich und zeigte ihm die Tanzhaltung. – Sie und andere Mütter waren gestern abend nicht der Mittelpunkt der Feier, aber sie gehören auch zu den ungekrönten Guten. Sie haben ihre Kinder auf den abschließenden Tanz begleitet, aber auch nach dem Abitur werden viele der 18/19-Jährigen den eigenen Schritt nicht ohne Umwege und Hilfe finden.

 

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