… im Bauwagen: enge Bürgerlichkeit auf stillen Rädern

Auf meiner morgendlichen Jogging-Runde liegt auf der Treptower Seite am Kanal bei der Lohmülenstraße der Ausstellungswagen vom Wagendorf Lohmühle, in dem gerade die Ausstellung „Wohnen auf Rädern“ zur Besichtigung steht. Zusehen sind 20 360°-Fotografien aus dem Inneren der Wagen und man bekommt einen seltenen Einblick in den Lebensstil der Bewohner des Wagendorfs.

Nun sollte man denken, Menschen ziehen in so ein Wagendorf, weil es sie, aus welchen Umständen auch immer, in ein Leben außerhalb der Normierung von Mietwohnungen drängt. Man vermutet in den Wagen unangepasste Individualisten, Utopisten und Alternative, … die ihre Eigenwilligkeit sicher auch in einer räumlichen Außergewöhnlichkeit leben. Vielleicht ist dieses Image vom TV-Star Peter Lustig aus „Löwenzahn“ (später „Pusteblume“) geprägt, der für die phantasievolle Persönlichkeitsausgestaltung in Form eines Bauwagengesamtkunstwerks steht. Doch solche romantischen Vorstellungen werden durch die Fotos von Florian Busch kaum bedient. Auch nicht Klischees, die das Leben im Bauwagen zwangsweise zwischen finanzieller Not und Primitivität ansiedeln. Nicht die Enge der Wohnwagen, sondern die Normalität der Einrichtung wirkt beklemmend. Hier verwirklichen sich Kleinbürger den langweiligen Traum vom eigenen sicheren Heim, in dem alles ordentlich an seinem Platz steht – Sofaecke, Kronleuchter und Himmelbett inklusive. Erschreckend sehenswert.

Folgerichtig denkt man beim beeindruckendsten Foto der Reihe, einem verkohlten, ausgebrannten Wagen, auch nicht, dass hier die Verwirklichung eines Lebenstraum unwiederruflich in Flammen aufgegangen ist, sondern man spekuliert ganz nüchtern, ob der Bewohner wohl ausreichend versichert war.

Alle Bilder der Ausstellung sind hier zu sehen.