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8. April 2008 23:06:21

… im Zentrum: Kateřina Šedá auf dem Außengelände der Biennale 5

Im Skulpturenpark_Zentrum

Soziale Plastik: Kateřina Šedá umbautes Areal für die „Opening Celebration“

Die Benennung des Ortes zeigt angesichts der örtlichen Realität eine höchst euphemistische Tendenz der Verantwortlichen der Berlin Biennale 5. „Skulpturenpark Berlin_Zentrum“ – das ist zwar faktisch richtig, doch gefühlsmäßig eher das genaue Gegenteil. Auf dem ehemaligen Mauerstreifen zwischen den Bezirken Kreuzberg und Mitte, befindet man sich auf der berliner Landkarte zwar im Prinzip nahe des Zentrums, doch die von der Geschichte der Stadt umgewühlten und seit der Wende reorganisierten Grundstücksparzellen liegen heute so sehr hinter und neben allem, wie kaum ein anderer Ort. Man ist allerdings im Zentrum der Deutschen Geschichte, denn diese liegt noch keine Hand breit unter der Erde. Sie lugt aus jeder Furche und bricht aus jeder Ecke. Jeder Absperrzaun bekommt auf dem ehemaligen Todesstreifen zwischen den beiden deutschen Staaten besondere Bedeutung. Tatsächlich springen die überall zur Grundstücksmarkierung aufgestellten Absperrgitter als die auffälligsten skulpturalen Elemente ins Auge, weswegen auch der Ausdruck „Skulpturenpark“ überaus geschönt ist. Relevanz bekommen die meisten von Künstlerhand geschaffenen Skulpturen dann auch fast ausschließlich durch die Historie des Ortes.

Hier vollkommen richtig positioniert findet sich die Arbeit von Kateřina Šedá, die sich auf das Thema Grenzüberwindung fokussiert. Beim Anblick ihres Heimatdorfs …

… Líšeň (diese tollen kleinen-v-Akzente heißen übrigens Caron bzw. Hatschek) in der Tschechischen Republik schien es der Künstlerin, dass 18 Jahre nach dem Wegfall der unüberwindlichen Grenze zum Westen, die Menschen freiwillig Mauern, Hecken, Zäune und Absperrungen um ihre Grundstücke bauten. Die äußere Unfreiheit wechselte in eine Innere. Sie startete ein mehrstufiges Programm, das damit anfing, dass sie quer durch ihr Dorf eine Schneise plante, mit der die Grundstücke wieder passierbar werden sollten. Natürlich folgte dem eine Phase der intensiven Diskussion und Moderation zwischen den vielen eingeschlossenen Nachbarn. Schließlich entschloss sich die Künstlerin, die Grenzanlagen zwischen den Grundstücken in Berlin nachzubauen, um sie zu einem hermetisch abgeschlossenen Kreis zusammenzufügen. Abschließend brachte sie die ganzen Nachbarn aus Líšeň am 4. April nach Berlin zur Biennale, wo sie dann auch physisch die Barikaden zwischen sich überwinden konnten, um in einem gemeinsamen Innenraum eine „opening celebration“ zu feiern. Im besten Beuysschen Sinne eine „soziale Plastik„.

Text von Kateřina Šedá < Originaltext zur Arbeit

Obwohl man sich kaum einen geeigneteren Platz für diese Arbeit vorstellen kann, würde sie im Museum natürlich viel außergewöhnlicher und großartiger wirken. Hier draußen ist zu befürchten, dass die meisten Besucher nur an den einfach gebauten Wänden vorbeigehen, ohne von der Aktion dahinter überhaupt was mitzubekommen. Zumal man an den meisten anderen Arbeiten im Gelände getrost ohne weiteres Aufsehen vorüber gehen kann.

Noch bis 15.06.2008.

 

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2 Reaktionen

  1. Magnus Hengge

    Zu Kateřina Šedás Arbeit werden im KW in einem Raum viele kleine Modelle, Skizzen, Zeichnungen und Designobjekte gezeigt, anhand deren man den künstlerischen Prozess des Projektes sehen kann. Dabei entstanden viele geradezu ergotherapeutische Tools, mit denen sich die Nachbarn mit motorischen Übungen im Überwinden von Barrieren versuchen konnten. Sehr schön das alles: Für mich ganz klar die herausragendste Arbeit der ganzen Biennale!

  2. Pingback: Schlaufe Werdhölzli: Partizipative Kunstintervention » Blog Archive » Kateřina

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