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8. Dezember 2014 13:57:08

…leider vermasselt: Life of Crime

Ganz anders, ja das Gegenteil von Sybille Canonica ist Jennifer Aniston in Life of Crime, der Verfilmung von Elmore Leonards Roman Switch (bei uns nur als DVD oder bluray).
Aniston soll eine frustrierte amerikanische Ehefrau spielen, die entführt wird, an der Situation wächst und damit ein neues Leben entdeckt. Aniston allerdings ist keine Schauspielerin, sie ist ein Star. Sie bekam mit Elmore Leonards Mickey Dawson die Steilvorlage für die Rolle einer Frau, die durch widrige Umstände ihre eigentliche Stärke entdeckt und mit neuem Elan aus dem Film herausgeht: Bei Aniston passiert nichts derartiges, sie kreischt ein bisschen herum, ist eigentlich die ganze Zeit um den Sitz ihrer Frisur besorgt und lotet rein gar nichts an dieser Figur aus.
Auch Regisseur Daniel Schechter hat eine große Chance vertan: Mit Elmore Leonards Switch aus dem Jahr 1977 war ihm eine Perle, ein Meisterwerk des Krimigenres in die Hände gefallen, dann allerdings fehlte ihm der Mut, Leonards bissige und anarchische Ironie umzusetzen. In Leonards Romanen ist immer eine Reihe von Figuren damit beschäftigt, dem Leben einen Mehrwert abzuluchsen, indem sie die (vermeintliche oder tatsächliche) Dummheit ihrer Mitmenschen auszunutzen und zu Geld zu machen versucht. Diese Aufgabe lässt sie nun jedoch selber dumm oder klug aussehen, je nachdem, und in dieser doppelten Spiegelung, diesem dialektischen Sprung zeigt sich so etwas wie die Sozialtauglichkeit der Figuren. Leonard hatte schon früh begriffen, dass die berühmte soziale Durchlässigkeit der amerikanischen Gesellschaft – vom Tellerwäscher zum Millionär – sehr viel mit ebendieser Fähigkeit und viel weniger mit der Jahrelang-hart-gearbeitet-Ideologie zu tun hat. Hier liegt für Leonard die eigentliche soziale Scheidelinie – und darin steckt natürlich jede Menge ironisches Potential. Hollywood hat fünfzehn seiner Romane verfilmt, und lediglich Quentin Tarantino mit Jackie Brown und Barry Sonnenfeld mit Schnappt Shorty! hatten den Blick und das Gespür für diese anarchische Subversivität, die Leonard der amerikanischen Gesellschaft attestiert. Schechter hat eine entfernte Ahnung davon bekommen, seine Schauspieler allerdings nicht davon überzeugen können (lediglich Tim Robbins nähert sich der Sache), sauber alle Hollywoodregeln eingehalten und alles mit Musiksoße übertüncht. Wie man´s halt immer macht.
Mit dem blödsinnigen Titel Wer hat nun wen aufs Kreuz gelegt? erschien die deutsche Übersetzung von Switch 1981 in der Reihe der berühmten schwarzen rororo-Krimis, ist allerdings längst nur noch antiquarisch zu haben – wenn überhaupt.

 

Kategorie:

Alltägliches

 

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