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13. Juli 2011 20:49:03

… Live-Reportage: Ein Bürgeramt

Zeit: Mittwoch, 13.7.11 / Ort: Bezirksamt Spandau – Rathaus / Grund des Besuches: Beantragung eines Reisepasses / Voranmeldung bzw. Reservierung für den Termin: Nein.

Bürgerämter stehen, so war zumindest in einigen Tageszeitungen zu lesen, zur Zeit in der Kritik vieler Berliner. Hier nun ein Live-Eindruck vom Stadtrand: Spandau – ein paar Zahlen vorab – hatte am 31.12.09 – 215444 Einwohner (also ca. 6,4% der Gesamtbevölkerung Berlins), davon 49129 im Alter über 65 Jahre. Zum angegebenen Zeitpunkt lebten 21231 Ausländer in diesem Stadtgebiet.

Im offiziell noch nicht geöffneten Rathaus mit dem mächtigen Turm warten um 6:20 zehn Personen, positioniert als lockerer Haufen aber mit Klarheit über die Reihenfolge des Eintretens, vor dem Bürgeramt. Nach zehn Minuten kommen weitere Besucher hinzu, einige von ihnen mit dem –Ichfragnichtwerderletzteistundstellmichvornean-Syndrom. Um 6:45 beginnt die Vergabe der Wartenummern durch einen höflichen, aufmerksamen, das Anliegen und notwendige Unterlagen abfragenden, Mitarbeiter. Gegen 6:50 sitzen 20 Personen im Warteraum, wenige lesen Zeitung, einige checken ihre Mails, dritte versenden SMS und wieder andere dösen vor sich hin. Exakt 6:58 schaltet sich der Monitor ein, auf dem Informationen des Bezirksamtes, aber auch Werbung und aktuelle Nachrichten abgespielt werden. Sieben Minuten später sind die ersten beiden Nummern dran. Inzwischen befinden sich 30 Personen im Warteraum. Wir werden um 7:20 aufgerufen und von einem freundlichen Herrn erwartet. Vorzeigen des alten Passes und des Personalausweises, Übergabe von zwei biometrischen Passfotos, Abscannen des Fingerabdrucks beider Zeigefinger (je fünf Sekunden) auf einem Gerät mit der Aufschrift: Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik. Die Bearbeitungszeit für den Pass soll 3-4 Wochen betragen. Die Kosten für die Ausstellung des Dokumentes, das zehn Jahre Gültigkeit besitzen wird, betragen 59 Euro pro Person. Unterschreiben des Antrages. Der Mitarbeiter rät in zwei Wochen anzurufen, da der Pass evtl. auch früher kommen könnte. Um 7:42 verlassen wir das Bürgerbüro – im Wartebereich sitzen jetzt ca. 40 Personen. Nun noch ein Blick auf die Figurengruppe „Eselreiter“ – die im Vestibül des Rathauses zu bewundern ist – des einst berühmten Tierbildhauers August Gaul, Freund von Heinrich Zille. Die 1912 geschaffene Skulptur, die ursprünglich im Park von Neu-Kladow stand und auf verschlungenen Wegen ins Rathaus kam, zeigt einen nackten Jungen auf einem Esel reitend, beide in natürlicher Haltung und mit müdem, stoischem Gesichtsausdruck, alles zusammen von schlichter, zeitloser Schönheit. Und: Der Esel steht für Anspruchslosigkeit, dienende Ausdauer und friedfertige (wenn er nicht gerade mal bockt) Dienstausübung – kein schlechtes Gleichnis für ein Rathaus und die in ihm arbeitenden Menschen.

 

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Alltägliches

 

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