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25. Januar 2008 19:31:21

… nazifiziert: Jonathan Meese und Georg Baselitz bei CFA

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Photo: Jan Bauer von der CFA-Website

Die beiden sehr deutschen Künstler Georg Baselitz („der Alte“) und Jonathan Meese („der Junge“) haben beide an einem 23. Januar Geburtstag. Welch gute Idee, an diesem Tag eine Vernissage mit beiden in einer Kombinationsausstellung zu machen, zumal es durchaus mehr Parallelen in ihren Arbeiten gibt, als nur den gemeinsamen Geburtstag. Zwei Künstler als Exemplare zweier Generationen, die sich tatsächlich auch generationstypisch generieren. Vorbilder ihrer Zeit sind sie, malen deren Abbilder, in die ähnliche Nachbilder vergangener Zeiten hineinblenden.

Es scheint so, als könnte sich der deutsche Künstler nur im Spannungsfeld zu Hitler definieren. Diese Ausgeburt des Bösen, die selbst als Künstler begonnen hat, und die in ihrem weiteren Verlauf eine Saite im deutschen Volkskörper zum Schwingen brachte, deren Nachhall noch lange nicht verklingen wird. Alle Deutschen sind sensibel auf diesen Misston und Künstler (besonders männliche) sind es noch viel mehr. Bist du Deutscher und Künstler musst du darüber nachdenken, was die Kunst unter dem Leitbild des Deutsch-Sein angerichtet hat. Der nationalsozialistische Faschismus als reale Ausformung einer Ideolgie steht quasi als Extremstumsetzung einer Kunstwelt am einen Ende des Möglichkeitenfeldes von konzeptionellen Entwürfen. Sowohl Baselitz in jungen Jahren, wie auch Meese in seinen jetzigen selbigen, scheinen auszuloten, wo ihre Positionen in diesem Feld liegen. Weil die anderen Pole oder Eckpunkte im Spannungsfeld der Menschlichkeit (oder Menschhaftigkeit) viel schwieriger …

… zu definieren sind (was könnten sie sein und durch wen exemplarisch verkörpert? Das Gute – Das Zerstreute – Das Wirkungslose), ist die Fixierung auf den „Nazianteil“ (= Das höchst wirkungsvolle Böse) in sich selbst (oder auch in uns als Gesellschaft) der naheliegendste Weg zur Selbsterkenntnis oder zumindest (fast wichtiger) zur Erreichung von medialer Aufmerksamkeit.

Meese führt vor, was man heute von seiner neoexpressionistischen Künstlerpersönlichkeit erwartet: Ich bin Künstler. Ich bin Mann, Schwanzträger und machtbesessen. Bin Diktator. Bin Adolf. Ich bin einzigartig und gleichzeitig ein Teil einer Masse. Ich bin genetisch programmiert, bin gedanklich belastet und denkbar ungeeignet. Sensibel, gefühlsecht, unverblümt, menschenscheu und menschenverachtend. Also gefährlich als Mensch und sehend als Künstler. Und andersherum. Mahnend und gleichsam die Mahnung verneinend. Drum Künstler. Bin Deutscher. Drum Adolf. Also glaubt mir nicht, aber seht mich an und hört mir zu. Ich bin ihr. Erleide die Vergangenheit und erlebe die Zukunft. Jetzt bin ich ich. Im Revolutionsjahr 08.

Die Galerie Contemporary Fine Arts im Stadthaus für die Kunst am Kupfergraben zeigt nun einen ganz frischen Ausschnitt aus Meeses Werk, bestehend aus Malerei und Skulptur. Die Bilder erscheinen allesamt als Selbstbildnisse in mehr oder weniger gleicher Pose: frontal stehend, mit diabolischem Blick ausgestattet mit unterschiedlichen Attributen (Adidas-Jacke, Eisernes Kreuz, Penis) und fröhlich nazifizierten Titeln (Z.B: „WALDFEE DON TOTAL de DIKTATYR de KUNST (STALLWACHT, DU)“ und „VAMPIRBLUT “LUSTIGE REVOLUTION” (JONATHAN IM GLÜCK)“ oder „DER ANTINOSTALGISCHE KNÜPPEL AUSM SACK (Die DIKTATUR der Kunst tickt)“, dass es eine wahre Freude ist.

Ach ja. Ein Kinderspiel.

Und im ersten Stock Georg Baselitz, wie er 1966 und 2007 gemalt hat. Bevor und nachdem er die Welt auf dem Kopf sah oder sie auf ihn stellte. Er malt den Hitler als den anderen und nicht als das Selbst. Höchstens im zweideutigen Titel „Moderner Maler“ geraten die Persönlichkeiten durcheinander. Baselitz führt mit seinen „Remix-Bildern“ konzeptionelle Reihen fort – konsistent von 1966 bis 2007. Was bei Meese nach inhaltlicher Auseinandersetzung aussieht, sieht man hier als formales Arbeiten. Baselitz versucht sich im stolzen Alter von 70 Jahren neu zu erfinden, oder wird er nur vom pfiffigen Galeristen Bruno Brunnet neu vermarktet?
Beide Maler sind noch bis zum 8. März bei CFA zu sehen.

 

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2 Reaktionen

  1. Detrick VonStills

    Ich habe gerade entdeckt das Neue Yrok Künstler Marko Stout, er hat einen ähnlichen Stil zu Georg Baselitz, aber er ist ein Arzt mit einem sehr modernen Ansatz für seine Arbeit. Die Website ist auf http://www.markostout.com und wenn man Baselitz, wie Sie sollten überprüfen, Dr. Stout.

  2. Pingback: Georg netzhammer | Biancadeacy

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