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11. August 2011 18:20:41

… mit freundlichem Gruß an: Liebe Absender!

Jetzt auch auf diesem Wege nochmal: Sehr geehrte Redaktion der Zeitschrift „Elektronik“ in 85540 Haar, ich bekomme Ihr Fachblatt regelmäßig, obwohl ich es weder bestellt habe, noch brauche. Es klingt sicher aufregend, wenn Sie z.B. in der Nr. 16/2011, Seite 25 von einer „Amplitudenantwort des idealen Serienschalters als Funktion der Ansteuerungsapertur T …“ schreiben, aber bei mir schwingt und schaltet nichts Elektronisches; weder beruflich, noch privat. Vor Monaten hatte ich Sie bereits per Mail darum gebeten, mir keine Hefte mehr zu schicken. Vergeblich, denn offenbar ist Ihr Posteingangssensor kaputt …

Ob in Berlin oder anderswo: Die Freude über Zusendung nicht bestellter bzw. nicht gewünschter Botschaften, ob in Papier- oder anderer Form, ist ungeteilt. Denn: Auf fast jedem Briefkasten steht: Keine Werbung! Na und? Die „Berliner Zeitung“ enthält z.B. Werbematerialien diverser Art. Ein – zumeist – dann folgender, sofortiger Gang zur Mülltonne bedeutet zwar faktisch höhere Gebühren und die Vergeudung von Rohstoffen. Aber seien wir großzügig und vergessen nicht das Positive: Man bleibt immer in Bewegung.

Verehrte Maria Rodriguez, wer immer Sie sind und wo Sie auch wohnen. Ich kenne Sie bereits – aus meinem Mail-Briefkasten. Ob gerade ein verstockter Sommer amtiert oder Schneefälle Berlin noch reizender machen – Sie sind immer dabei und erinnern mich beim Einschalten des PC an entscheidende Fragen des Lebens. Brauchen Sie eine Penisverlängerung? So heißt es in periodischen Abständen schwarz auf weiss. Vielleicht ist ja mein Spamfilter schon angeturnt und kann nicht mehr richtig… sieben. Daher schaffen Sie, Maria oder wie Sie gerade heißen, es immer bis in mein Postfach. Lassen Sie nicht nach, bleiben Sie bei der Stange, die Menschheit braucht Sie. – Auch Ihnen, lieber Robert F. Ongongwu aus Nigeria oder Thian Ng Siong aus Hong Kong, bin ich zwar in Sympathie zugeneigt, kann aber nicht weiterhelfen. Ich wüsste schon, was man mit den 20 Millionen Dollar machen könnte, die Sie – hart erarbeitet und beiseite gelegt – nach Europa überweisen wollen, aber mir fehlt doch einiges, um ein good friend of you zu werden. Nehmen Sie es mir nicht krumm. Ich bin ja auch nicht böse, wenn ich regelmäßig Mails von Ihnen bekomme.

Bald werde ich für eine Zeit an einem Ort sein, wo mich keine Mails erreichen, kein Zeitungsvertrieb existiert und wo mich nicht plötzlich am Frühstückstisch ein sehr aufdringlicher Kerl aus dem Radio anbrüllt, um mir „Seitenbacher“-Müsli anzubieten. Liebe Nervensägen, seht es mir nach. Ich brauche Urlaub von Euch.

 

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8. August 2011 08:50:02

… neu: Schwejk am Helmholtzplatz oder Wahlen in Berlin

Der diesjährige, lausige Sommer hatte vorgestern in der Stadt nochmal einen erfreulichen Auftritt, denn die Sonne schien kräftig und alles strömte ins Grüne. Wenn die Geburtenrate in Deutschland immer weiter sinkt, so geht das zwar auch am Prenzlauer Berg nicht spurlos vorüber, aber aufgrund der Altersstruktur ist die absolute Zahl der Kinder hoch. Auf dem Helmholtzplatz herrschte daher am Sonnabend sehr reges Treiben. Kinder spielten, Erwachsene unterhielten sich über die Fortschritte ihrer Kleinen, die Erziehung im Allgemeinen und vergaßen beim Leeren einer „Rivella“ – die ein bayrischer Comedian nicht werbemüde wird, als das Nonplusultra der Erfrischungsgetränke anzupreisen – auch nicht, besondere Kinder-Fahrradanhänger, die nicht unter 500 € über den Ladentisch gehen, zu bemerken.

Eher unbemerkt, obwohl farbig, sind die mittlerweile überall herumhängenden Wahlplakate der Parteien, denn der Inhalt ist – wie immer – mager. Die Grünen machen es sich ganz einfach, bieten jedem etwas und versprechen die Schaffung einer Menge von Arbeitsplätzen, die Rot-Rot nicht erreichte, nun einfach selbst. Über CDU und FDP braucht man in Berlin nicht zu reden – beide sind so gut wie scheintot. „Berlin verstehen“ steht unter dem SPD-Plakat. Das in den vergangenen Monaten festzustellende Zurückweichen, Herumeiern, Verschleiern, die Konzeptionslosigkeit, vor allem aber die Ergebnisse des Senats bei wesentlichen Problemen für die Stadt Berlin, nämlich Beschäftigung, Wohnen, Flughäfen, S-Bahn, Kosten/Dauer von Bauvorhaben und Wasserverträge lässt an der Losung zweifeln und wird wohl dazu führen, dass SPD/Linke Stimmen und die Mehrheit verlieren. (Hinzu kommt, dass die Bürger des Landes Berlin – wie die Deutschen insgesamt – zunehmend die Lasten von Banken- und Finanzkrisen, aber auch sinnloser militärischer Auslandsmissionen zu tragen haben). Zu welchen Ergebnissen hingegen das Gedankengut der Rechten und einiger strammkonservativer „wahrer Europäer“ führen kann, hat der Massenmord von Oslo, der auf ein gedeihliches und friedliches Zusammenleben von Menschen zielte, gezeigt.

Abseits demokratischer Parteien ist zukünftig der verantwortungsbewusste und aktive Bürger gefragt, wichtige Belange der Gemeinschaft bzw. Gesellschaft mehr und mehr selbst in die Hand nehmen. Da es aber nun vorläufig noch so ist, dass der Amtsgaul zwar gut wiehert, frisst und verdaut, aber nicht so richtig zieht, wäre die sofortige Einführung einer Amtshaftung für Regierung und Verwaltungen durchaus angebracht.

Was nun Schwejk, den Trottel, eigentlich aber unsterblichen Helden, aus dem berühmten Roman des Jaroslav Hasek, betrifft, hat der – neben Karel Gott-Fotos, der Biene Maja, dem Maulwurf aus dem Zeichentrickfilm, dem Becherovka – und anderen tschechoslowakischen Spezialitäten, unweit des Helmholtzplatzes eine neue Heimstatt gefunden. Genehmigt man sich nämlich in der Schliemannstraße 38 ein Bier der äußerst wohlschmeckenden Sorte „Svijany“ vom Fass, so erscheint selbst die bevorstehende Berliner Wahl kurzzeitig in einem ganz anderen, bernsteinfarbenen Licht.

 

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29. Juli 2011 08:34:35

… philosophisch: Wochenendfrage

Am Dachfirst hockt geduldig eine Taube –
seit Stunden regnen sich die Wolken leer.
Ich seh es schon, doch fehlt mir jeder Glaube!
Wo nimmt der Vogel diesen Gleichmut her?

 

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Alltägliches

 

26. Juli 2011 08:48:28

… Stadtführer: Ecke Brunnenstraße

Die Brunnenstraße, die Invalidenstraße und auch die Veteranenstraße, gleichfalls der Ursprung ihrer Namen, gehen auf das 18. Jahrhundert und Friedrich II zurück. Die Quelle Gesundbrunnen einerseits und die militärischen Gegebenheiten Preußens andererseits führten schließlich zur Namensgebung. Für die Brunnenstraße – im Wedding war die Industriealisierung (z.B. AEG) Anfang des 20. Jahrhunderts besonders stark sichtbar – wurde um 1910 die erste und einzige Schwebebahn Berlins geplant, dann aber doch die U-Bahn gebaut. Heute ist die Brunnenstraße tatsächlich weder für das Einkaufen, noch für das Flanieren besonders zu empfehlen, höchstens für das Durchfahren. Die querende Invalidenstraße ist in ihrem westlichen Abschnitt zur Zeit Dauerbaustelle, während die kurze Veteranenstraße die Verbindung zur quirligen Kastanienallee und beginnenden Touristenzone herstellt.

An der Ecke Brunnen/Invalidenstraße dämmert ein leeres, dreigeschossiges Haus mit graubraunem Putz, der bereits an einigen Stellen abgefallen ist, vor sich hin. Direkt im Erdgeschoss – die hellbraun gefliesten Außenwände bilden den einzigen Schmuck dieses Gebäudes – befand sich ein Geschäft, in dem man Tischdecken aus Kunststoff kaufen konnte. Der Verkäufer muss ein wahrer Eremit gewesen sein, denn Kunden habe ich in diesem Laden nie gesichtet. Nun dienen die Schaufenster nur noch als Plakatwand. In Nachbarschaft dieses trostlosen Eckgebäudes befinden sich in der Invalidenstraße zwei leidlich sanierte Häuser, mit einem Bestattungsgeschäft (Jestorben wird imma) und einem Optiker, die beide die jüngsten Zeiten überdauert haben. Einige Meter weiter hat uns Meister Schinkel die architektonisch eher schlichte Elisabethkirche hinterlassen.

An der beschriebenen Kreuzung befindet sich nördlich der Veteranenstraße das 1904 als Warenhaus am Weinberg (einzige Berliner Kaufhaus von Jandorf, das den zweiten Weltkrieg unbeschadet überstand) erbaute prächtige Gebäude, welches zu DDR-Zeiten das Modeinstitut beherbergte. Wohl gibt es einen neuen Eigentümer; aber das Gebäude steht jetzt seit 21 Jahren leer. Kein Wunder, dass der gegenüber, am Rande des Weinbergsparkes sitzende Heinrich Heine, leicht spöttisch dreinblickt. Der kleine Park hinter ihm, in dem vor Jahren noch Drogendealer für Unruhe sorgten – ganz verschwunden sind sie nicht – ist inzwischen wieder stark frequentierter Erholungsort für die im Dreh wohnenden Berliner aller Art, insbesondere die Neuberliner, geworden. Wer sich im Sommer auf der westwärts abschüssigen Wiese sein Abendbier von der Sonne bescheinen lässt, wird die grüne Umgebung mit dem kleinen Seerosenteich schätzen.

Die südliche Brunnenstraße hat ihren Charakter noch nicht gefunden. Während der nördliche Teil, jenseits der Bernauer, bereits seit Jahren einen Mix aus mehr oder weniger florierenden Gaststätten, Internet- und Telefonläden, sowie Lebensmittel- und Friseurgeschäften anbietet, taumelt der südliche Abschnitt zwischen Geschäftseröffnung und -aufgabe, Gyros und Galerie, Antipasti und Antikapitalismus hin und her. Während es auf den Hinterhöfen der Nummer Sieben z.B. heißt: „REFUGEES WELCOME. TOURISTS PISS OFF“, hat nebenan im Vorderhaus das Geschäft einer größeren Bio-Kette eröffnet. Derweil an der Fassade der Hausnummer Zehn in übergroßen Buchstaben zu lesen ist: „DIESES HAUS STAND FRÜHER IN EINEM ANDEREN LAND“, werden in der Nummer Fünf viele derjenigen durch die Sozialstation Mitte/Prenzlauer Berg und die Volkssolidarität betreut, die in diesem teurer werdenden Berlin immer weniger eine Chance haben.

 

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18. Juli 2011 09:39:38

… beobachtet: Männer vom Bürgerpark

Alle zehn Minuten donnerten gestern Nachmittag die Flugzeuge über den Bürgerpark. Meistens waren es die rot-weißen Maschinen der Air Berlin, deren Schriftzug von unten deutlich zu lesen war. Die auf der Wiese lagernden Menschen schienen sich an das dauernde Geräusch hier längst gewöhnt zu haben. Kaum einer hob noch den Kopf, wenn wieder so ein Vogel den Park überflog.

Unweit der dort durchfließenden Panke, die in Berlin an einigen Stellen wieder renaturiert werden soll – wann hat es je so ein schönes, urberlinerisches Projekt gegeben – saß ein alter Mann auf einer Parkbank, die er in sein kleines Wohnzimmer verwandelt hatte. Die mitgebrachten Siebensachen, wie Zeitungen und etwas zu essen, waren fein säuberlich auf der ganzen Bank verteilt. Neben ihm stand ein Kofferradio uralter Bauart und spielte Musik. Wenn man vorbeiging, blickte der Mann nicht auf, so sehr war er mit seinem kleinen Reich beschäftigt. Auf der großen Wiese, unweit des mit Klinkern ummauerten, kleinen Springbrunnens, lagerten vor allem Familien mit Kleinkindern, die sich dort, wo auch keine Hunde zu sehen waren, frei bewegen konnten. Plötzlich erschienen zwei schlaksige Basecapträger auf der, von den reichlichen Niederschlägen der letzten Tage sattgrünen, Rasenfläche und brachten zwei große Modellautos mit. Sie hatten auch etwas zu trinken dabei – für sich in der Bierflasche und für die Autos im Kraftstoffbehälter. Als sie mit ihren knatternden Startversuchen begannen, reckten sich die Köpfe des halben Parks in ihre Richtung. Nachdem sie ihr Fahrtraining dennoch aufnahmen, redete ein 35-jähriger Mann energisch auf sie ein. Ergebnis: Boxenstopp. Mit hängenden Ohren verließen die Rennfahrer wenig später den Park. Wie ein kleiner Cowboy sah der Junge mit dem gelben T-Shirt (Mommys Rock Legend) und dem Halstuch aus. Den anderen, älteren Jungen sah er mit seinen hellblauen, aufmerksamen Augen nach. Vor allem ihren Bällen, die größer waren als seiner, lief er auf wackligen Beinen hinterher. Gerade mal ein Jahr ist der kleine Kerl geworden. Wenn die Flugzeuge heranbrummten ging sein Kopf nach oben, obwohl er dieses Geräusch schon kannte. In zwei Jahren, zu seinem dritten Geburtstag, wird es den Lärm über dem Bürgerpark endlich nicht mehr geben.

 

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13. Juli 2011 20:49:03

… Live-Reportage: Ein Bürgeramt

Zeit: Mittwoch, 13.7.11 / Ort: Bezirksamt Spandau – Rathaus / Grund des Besuches: Beantragung eines Reisepasses / Voranmeldung bzw. Reservierung für den Termin: Nein.

Bürgerämter stehen, so war zumindest in einigen Tageszeitungen zu lesen, zur Zeit in der Kritik vieler Berliner. Hier nun ein Live-Eindruck vom Stadtrand: Spandau – ein paar Zahlen vorab – hatte am 31.12.09 – 215444 Einwohner (also ca. 6,4% der Gesamtbevölkerung Berlins), davon 49129 im Alter über 65 Jahre. Zum angegebenen Zeitpunkt lebten 21231 Ausländer in diesem Stadtgebiet.

Im offiziell noch nicht geöffneten Rathaus mit dem mächtigen Turm warten um 6:20 zehn Personen, positioniert als lockerer Haufen aber mit Klarheit über die Reihenfolge des Eintretens, vor dem Bürgeramt. Nach zehn Minuten kommen weitere Besucher hinzu, einige von ihnen mit dem –Ichfragnichtwerderletzteistundstellmichvornean-Syndrom. Um 6:45 beginnt die Vergabe der Wartenummern durch einen höflichen, aufmerksamen, das Anliegen und notwendige Unterlagen abfragenden, Mitarbeiter. Gegen 6:50 sitzen 20 Personen im Warteraum, wenige lesen Zeitung, einige checken ihre Mails, dritte versenden SMS und wieder andere dösen vor sich hin. Exakt 6:58 schaltet sich der Monitor ein, auf dem Informationen des Bezirksamtes, aber auch Werbung und aktuelle Nachrichten abgespielt werden. Sieben Minuten später sind die ersten beiden Nummern dran. Inzwischen befinden sich 30 Personen im Warteraum. Wir werden um 7:20 aufgerufen und von einem freundlichen Herrn erwartet. Vorzeigen des alten Passes und des Personalausweises, Übergabe von zwei biometrischen Passfotos, Abscannen des Fingerabdrucks beider Zeigefinger (je fünf Sekunden) auf einem Gerät mit der Aufschrift: Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik. Die Bearbeitungszeit für den Pass soll 3-4 Wochen betragen. Die Kosten für die Ausstellung des Dokumentes, das zehn Jahre Gültigkeit besitzen wird, betragen 59 Euro pro Person. Unterschreiben des Antrages. Der Mitarbeiter rät in zwei Wochen anzurufen, da der Pass evtl. auch früher kommen könnte. Um 7:42 verlassen wir das Bürgerbüro – im Wartebereich sitzen jetzt ca. 40 Personen. Nun noch ein Blick auf die Figurengruppe „Eselreiter“ – die im Vestibül des Rathauses zu bewundern ist – des einst berühmten Tierbildhauers August Gaul, Freund von Heinrich Zille. Die 1912 geschaffene Skulptur, die ursprünglich im Park von Neu-Kladow stand und auf verschlungenen Wegen ins Rathaus kam, zeigt einen nackten Jungen auf einem Esel reitend, beide in natürlicher Haltung und mit müdem, stoischem Gesichtsausdruck, alles zusammen von schlichter, zeitloser Schönheit. Und: Der Esel steht für Anspruchslosigkeit, dienende Ausdauer und friedfertige (wenn er nicht gerade mal bockt) Dienstausübung – kein schlechtes Gleichnis für ein Rathaus und die in ihm arbeitenden Menschen.

 

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Alltägliches

 

11. Juli 2011 22:15:11

… Sommerzeit: Auf dem Weg zu ihr

Der Weg zu ihr erfüllt mich mit Vorfreude. Zunächst fährt man mit der Regionalbahn nach Rheinsberg (Preußen-Prinzen! Fontane! Tucholsky! Musik-Sommer!). Der Spaziergang durch das Städtchen am Wasser, der Besuch des malerisch gelegenen, kleinen, aber feinen, Schlosses verführt zur Ruhe. Dann geht es, auf autofreien Wegen, noch einige Kilometer mit dem Fahrrad über Land. Der Blick fällt dabei auf verschlafene Dörfer, Wiesen und Feldränder, die jetzt vom Weiß der Schafgarben, dem Blau der Kornblumen und dem Rot der Mohnblumen gesäumt werden. Weiter führt der Kurs über schattige, schmale Asphaltstraßen bis zu dem Ort, wo die Natur übernimmt. Dort geht es zu Fuss hinein in den Wald, der sich selbst überlassen blieb. Hier stehen schmale Eichen neben starken Kiefern, d e m Baum der Mark Brandenburg, deren schieferförmige, braune Rinde von weitem manchmal wie der Panzer eines Schuppentieres aussieht. Buchen und Birken wachsen, auf zum Schilfgürtel hin abfallendem Gelände, eng durcheinander. Schließlich liegt sie vor uns: Eine Perle von See, an dessen bewaldeten Ufern, wenn die Zeit heran ist, Stein- und Birkenpilze aus der Erde hervorkommen. Still ist es hier: Kein menschengemachter Laut dringt an das Ohr. Selbst Handynetze schließen sich der Ruhe an und versagen ihren Dienst. Das Plätschern der Wellen, der gelegentliche Ruf eines Reihers, das aufgeregte Schnattern der Wildenten, das Krächzen einer Krähe und das Rauschen des windbewegten Schilfes gehören an diesem Tag zum akustischen Repertoire dieser Landschaft. Sonst nichts.

Warm liegt die Nachmittagssonne über dem großen Waldsee mit dem unglaublich klaren Wasser. Einige der, am Ufer befindlichen und in die Jahre gekommenen oder vom Blitz niedergestreckten, Bäume haben sich bereits der Wasseroberfläche zugeneigt. Hier entsteht und vergeht Natur; der Mensch ist vor allem Beobachter. Wenn man den Ort dieses Sees hier verraten würde, so wäre das, als plauderte jemand in aller Öffentlichkeit den Namen seiner heimlichen Geliebten aus.

 

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Alltägliches | Freizeit

 

8. Juli 2011 19:23:37

… bein dran: Zwei Künstler viele Extremitäten


Tension Watercolour Series

Weil ich mir ein 8 ins Hinterrad meines Farrads gefahren habe, ging ich heute mal zu Fuß die Köpenicker Straße entlang, nachdem ich das Rad beim Fahrradladen zur Reparatur aufgegeben habe. In der dort angesiedelten Galerie ZERO sind gerade Arbeiten von Timothy Kebdall Edser ausgestellt, der sich (wie schon so viele vor ihm) mit dem eigenen künstlerischen Körper, seinen Reglementierungen, Abhängigkeiten und Begrenztheiten auseinandersetzt. Irgendwie bin ich seither auf dem Anatomie-Trip, den seine Arbeit erinnerte mich sofort an die extremitätisch verschlungenen Street Art oder Graffiti-Werke von IRGH.

Um das abzurunden fehlt eigentlich nur noch der Dry Bones Song 😉

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Was für ein Durcheinander!

 

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8. Juli 2011 13:57:42

… danach: »Last Shelter of God« – Tobias Köbsch in der neuen maerzgalerie Berlin

Tal, Tobias Köbsch
Tal, Tobias Köbsch

Es sind archeologische Stücke aus der Zukunft. Wie werden die Wissenschaftler der Zukunft unsere heutige Zeit der modernen Zivilisationen in den Sedimentschichten der Äonen erkennen? Ganz klar: Am Zivilisationsmüll und an der selbstherbeigeführten Katastrophe.

Die Bilder und Plastiken von Tobias Köbsch zeigen die Welt danach – nach dem Zusammenbruch, nach dem Eintreten des Unwahrscheinlichen. Man sieht buchstäblich zerrissene Welten, mit tiefen Spalten ins Bodenlose. Zerstörte und verlassene Häuser, um die niemand mehr trauert, denn die Zeit des Menschen ist bereits vorbei. Diese Welt ist menschenleer und doch vollkommen menschlich geprägt. Die Hinterlassenschaften von ins Inhumane umgeschlagener menschlicher Gestaltungssucht (verschrottete Parkplätze, verschlammte Reihenhaussiedlungen, abgestorbener monokultureller Wald) liegen überflutet und zerrüttet vor uns. Das Merkwürdigste daran ist vielleicht, die beruhigende Ausstrahlung dieser Zeugnisse des bereits hinter uns liegenden Untergangs. Die Werke simulieren dem Betrachter, das Schlimmste überlebt zu haben, denn sonst (im Nicht-Sein) könnte er diese Welt ja nicht mehr sinnlich begreifen.

07.07. – 27.08. 2011 in der mærzgalerie Berlin

 

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8. Juli 2011 13:25:06

… trendy: Fashion Week 2011

elisabethondanieltorresshow
Fashion Show von Daniel Torres Berlin

Aus familiären Gründen war ich auf einer Fashion Show, auf der drei Designer/innen ihre Kollektionen vorstellten. Die Show simulierte große Geschäftigkeit und Angesagtheit, doch bei den Gesprächen, die ich mit verschiedenen Leuten führte, hatte ich das Gefühl, dass eigentlich nur Freunde, andere Modedesigner und Eltern der Models herumsaßen und sich gegenseitig beklatschten. Ich frage mich, was so eine Fashion Show den Designern im Vertrieb wirklich bringt? Vermutlich ist der einzige Sinn darin begründet, dass dabei ein Video entsteht, das die Vorstellung von großer Mode mit Bildern unterfüttern kann, um die Idee von Trend, Sexiness und Erfolg für sich selbst und die Kunden aufrecht zu erhalten.

Die größte Sehnsucht nach Schönheit und Popularität schienen mir einige Model-Eltern zu haben. Mit ihren kleinen Knipsen sitzen sie in der ersten Reihe und fotografieren ihre Töchter beim Catwalk, nachdem sie sich ein Gratis-Piccolöchen eingepfiffen haben, um die lange Wartezeit totzuschlagen. Vollgestopft mit der Hoffnung auf den großen Durchbruch und den besten Wünschen für ihre Schützlinge. Die Models reagieren größtenteils mit abgeklärter Langeweile und sind kaum gelaufen auch schon wieder weg zur nächsten Show, für die sie dann vielleicht auch mal ein paar Euro bekommen. Ansonsten alles für die Mappe, Ruhm und Ehre. Sehr merkwürdige Szene.

 

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