15. September 2010 12:17:35
Bild: Thorsten Klapsch/Edition Panorama
Präsidentenplatz: Hinter diesem schlichten Schreibtisch saß zu DDR-Zeiten der Präsident der Volkskammer, zuletzt war dies Sabine Bergmann-Pohl.
Nachdem inzwischen auf dem Schlossplatz die Spuren der sozialistische Vergangenheit gründlich beseitig worden sind, und man statt dessen in noch älteren Schichten des Geschichtsbewusstseins zu graben pflegt, um jämmerliche Kelleranlagen des alten Stadtschlosses freizulegen, erhebt sich der einstige Palast der Republik in voller Pracht und architektonischer Kühnheit über die lausigen Planungen zur Neugestaltung dieses zentralen Stadtraumes.
Diesmal erstrahlt der DDR-Prachtbau allerdings nur auf Papier, als Bildband „Palast der Republik“ erschienen bei Edition Panorama, und die merkwürdige architektonische Mischung aus Vergnügungspark und Pseudo-Amtsitz eines Unrechtsstaates tritt in kühlen, menschenleeren Fotografien auf. Grandiose Einblicke, die der Fotograf Thorsten Klapsch vor 17 Jahren festhielt und seitdem unter Verschluss hielt. Um so größer ist die Wucht des Flashbacks nun.
Mehr Bilder und ein langer Artikel bei Spiegel online.
9. September 2010 22:13:02
Immer wieder das Problem mit den Erwartungen: Geht man mit schlechter Meinung zu einem Konzert, kann das tatsächliche Erleben fast nur besser werden als man vorher dachte und man genießt den Abend, geht man voller Vorfreude zu einem Konzert, …
Matthew Herbert hat manches gemacht, das mir wirklich außerordentlich gefällt. Z.B. seine Platten „Plat de Jour“ von 2006 oder die neue „One One“ sind Scheiben, die richtig glücklich machen können. Auch wenn er als Produzent aufgetreten ist, wie bei Roisín Murphy für „Ruby Blue„, entstand besondere Popkultur. Sein Ansatz Geräusche, die direkt aus der Umgebung der Künstler oder des Produktionsstandortes stammen, direkt als musikalisches Material zu verarbeiten, ist spannend, zumal er sich eine Art Kompositions-ethisches Manifest verordnet hat, das ihn dazu zwingt absolut alles originär neu zu generieren. Es gelingt ihm mit Field Recordings, neuartigen Programmierungen und Arrangements, die auch mal Big Bands und Orchester einschließen, Klangcollagen zu verdichten, die manchmal zu eingängiger Musik werden und vereinzelt beinahe Hit-tauglich scheinen.
Matthew Herbert sollte also ein hervorragender Kandidat für die Recomposed Reihe der Yellow-Launch bei der Deutschen Grammophon sein, wo … Weiterlesen
1. September 2010 11:17:59
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Was soll man sagen? Krautrock ist wieder voll da!
Als Techno noch nicht benannt und Elektro noch verträumt war …
23. August 2010 16:33:35
Die Trabrennbahn Mariendorf, der ideale Ort um mit den Eltern einen typischen Berliner Nachmittag zu verleben. Im Hintergrund läuft aus knackenden Presslautsprechern Marschmusik, man kann für kleines Geld Wetten, für noch kleineres Geld trinken (Schulti für 1.20 €), kann sich vom Begleitwagen für Umme ganz nah ans Geschehen bringen lassen, den ganzen Tag echte West-Berliner angucken, ein unfreiwilliges Tribünenmuseum bestaunen und die nikotinschwangere Abluft der Spielsüchtigen vor ihren Tabellenmonitoren inhalieren. Auch wenn nicht viel los ist rund um die Bahn und man für Pferde kein Faible hat, ist es ein sehenswertes Schauspiel.
23. August 2010 16:12:57
Eine gute Freundin rief an und sagte „lasst uns mal wieder was richtig krankes machen“. Kaum ein Vorhaben könnte einen schneller zu den Toten Crackhuren bringen!
Das Publikum war jung mit wahrnehmbarer Brandenburger Migrationsgeschichte, oder vielleicht sah es auch nur so aus. Jedenfalls muss man nicht schön sein, um auf ein Crackhuren-Konzert zu gehen. Ich fühlte mich willkommen.
Als die wilden Mädchen in Halloween-artigen Kostümchen ihr blasses Gekreische begannen, war ich mir sicher, dass ich es hier keine viertel Stunde aushalten würde, doch nach und nach gefiel mir die elektrolärmige Show immer besser. Mit dem Titel „Wir hassen Sport“ hatten sie mich dann entgültig auf ihrer Seite. So stand ich angenehm belustigt neben den gleichaltigen Eltern der Crackhuren und beobachtete das Lebensgefühl dieser nachfolgenden Teil-Generation: Selbstbewusst verunsichert, marketingresistent konsumfreudig, spaßbetont aufmüpfig, ziellos politisiert und verlustreich performativ. Diese Mädchen verschwenden ihre Jugend auf die bestmögliche Art. Live noch viel besser, als aus der Retorte.
23. August 2010 14:56:11
Da habe ich mich mal rund um bestechen lassen: Erst bekam ich die Einladung zu einem Picknick auf der Südspitze der Halbinsel Alt Stralau, dann einen netten Picknick-Korb geschickt und schließlich das Angebot, zwei alte Klamotten in einem Fashion-Swap gegen neue der Marke Lands’ End Canvas einzutauschen. Nun bekomme ich (selbst als unwesentlicher Blogger) ständig Einladungen zu allemöglichen Marketing-Events, aber selten gibt’s so viel Umsorgung wie hier. Also ging ich am Samstag Nachmittag bei herrlichem Wetter nebst zusätzlich eingeladener Freundin und selbstgemachten Leckereien im Körbchen zum Picknick für Berlins Onliner unter die schönen Platanen am Lands’ End der Halbinsel Alt Stralau. Abgestimmt auf den Labelname gab es Meeresfrüchte, Fischspießchen und andere maritime Köstlichkeiten an Getränken nach freier Wahl. Für die alten Klamotten bekamen wir anstandslos ein neues Hemd, zwei Strickjacken und einen Rock und anschließend unterhielten wir uns mit den Marketingleuten des Labels. Dabei erfuhren wir von der niemals ablaufenden Garantie der Marke (man kann auch nach 5 Jahren noch einen zerfaserten Pulli wieder einschicken), vom gemäßigten Preisniveau bei guter Qualität (bei Produktion in China) und von den Umständen des Versandhandels (Warenlieferung über Hermes aus England, Garantieleistungen aus Deutschland, bei umfassender und kostenloser Telefonbetreuung rund um den Bestellvorgang). Die Klamotten selbst sind in keinster Weise ausgefallen oder modisch auffällig, sondern absolute Basics, die vom Stil her klassisch amerikanisch sein sollen.
Als wir von der äußerst angenehmen Veranstaltung nachhause kamen, erzählte ich meiner Mutter (78) davon und sie kannte im Gegensatz zu mir die Marke bereits seit längerem. Sie zählte geradewegs und ungefragt sämtliche Markeneigenschaften auf, die sie über den Katalog kennengelernt hatte und hatte rundherum eine gute Meinung von der Marke. In diesem Gespräch wurde mir dann auch klar, was der Sinn der ganzen Veranstaltung war: Das Image des Labels muss jünger werden.
Ich weiß zwar nicht, ob ich mit diesem Artikel zu diesem Ziel betragen kann, aber ich möchte mich jedenfalls für die Einladung bedanken und wünsche allen Beteiligten viel Glück und Erfolg.
22. August 2010 16:56:01
Irgendwann bekommen auch ehemalige Goa-Freaks Kinder und entwickeln dann irre kreative Ideen wie z.B. diese: Warum bemalen wir nicht den Keller des alten Bahnhofschuppens unter dem Café Isa Mitz (im Görli neben dem Edelweiß) mit fluoriszierenden Farben und verwandeln ihn in eine spacige, zwischen Ego-Shooter und Romantikphantasie changierende Kulisse für eine ansonsten herkömmliche Minigolfanlage? Tja, vielleicht, weil sowas halt so wird, wie sowas eben wird: vorurteilsbestätigend. Was klingt wie ein Grund dagegen, kann aber natürlich genau so gut ein Grund dafür sein. Beachtlich ist die liebevolle, 5-räumige Trompe-l’œil Installation allemal.
Mehr und nettere Bilder …
17. August 2010 15:01:23
Ich steh ja schon immer auf Zeitraffer. In Kombination mit den typischen Unschärfen von Shift-Objektiven werden die Aufnahmen noch fazinierender. Perfekt vereint auf dem UNIQLO-CALANDAR. Einfach nur schön.
12. August 2010 15:31:49
Ich weiß weder etwas über den Elektronischen Feierkreis noch von vani-living-art. Beides steht aber zumindest in räumlichem Zusammenhang in einem Nebenraum der Kartbahn am Ostbahnhof, der mich bei einem flüchtigen Besuch fast schon magisch anzog. Das enstandene, oder vielleicht auch übriggebliebene, Setting erschien mir von so perfekt abgerundeter, pitoresk spießiger Jämmerlichkeit, dass es dokumentiert werden wollte. Was kann sich hier zugetragen haben, und wollen wir das wirklich wissen? – Das nur als kleiner Beitrag zum derzeitigen Lieblingsthema meiner Freundin: „Die Abwesenheit der Anwesenheit“.
9. August 2010 17:21:40
Zum Abschluss der diesjährigen berlin biennale wollen die Organisatorinnen von „everybody learns from disaster“ gegenüber der biennale noch eins drauf setzen. Sie positionieren sich ganz deutlich in der Gegenposition zum etablierten Kunstevent biennale: Auf die diesjährige Fragestellung der Biennale* antworten die disaster-Leute: „Wir machen Kunst trotz Krise, aber ohne Einschränkung des Blickfeldes. Für uns ist die kritische Auseinandersetzung mit der Welt nicht auf eine kleine Zahl künstlerischer Ansätze beschränkt, denn es gilt für alle Künstler: „Die Funktion von Kunst ist es, die Wirklichkeit unmöglich zu machen“ (Heiner Müller). Die Reflexion der Kunst über unsere Zeit befindet sich, wie die Zeit selbst, in ständigem Wandel. Diesen Wandel gilt es zu zeigen. Die Präsentation von Arbeiten ist dabei immer Teil des künstlerischen Prozesses, weil Kunst den Austausch braucht.
Auffällig ist jedenfalls, dass diese junge Künstlergeneration erstens in ihrer großen Mehrzahl klassische Malerei, Skulpturen und Zeichnungen anfertigen und sich zweitens thematisch um sich selbst und ihre jeweiligen Kunstkonzepte kümmern. Sie erschaffen ihre eigenen Kunsträume oder -phantasien und verabschieden sich möglichst an der nächsten Abzweigung aus der Realität. Insofern ist die Ausstellung durchaus schlüssig kuratiert und das bei einer sehr breit gefächerten Künster/innenauswahl. Von Leuten, die schon bei großen Agenturen vertreten werden z.B. Yehudit Sasportas bei Eigen und Art, Matthäus Thoma bei loop oder Mariele Neudecker bei Barbara Thumm bis zu welchen, von denen noch nie außerhalb der Kunsthochschulen UdK und KhB was zu sehen war. Die Liste aller wäre viel zu lang, aber um eine herauszugreifen, gefallen haben mir z.B. die Fensterinstallationen von Katharina Quecke.
Insgesamt eine deutlich erfrischenderer Ausstellung und mit experimenteller Musik abgerundete Veranstaltung als die diesjährige biennale.
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* Unter dem Ausstellungsmotto „was draußen wartet“ präsentierte die Ausstellung der berlin biennale Arbeiten, die sich den in der Kunst zunehmend beobachtbaren Tendenzen zur Abkehr von der Realität verweigern sollten und hin zu kunstimmanenten und formalen Fragestellungen kommen. Sie widersetzen sich diesen Tendenzen durch die Behauptung eines offenen Blicks auf unsere Gegenwart und ihre Wirklichkeit. Im Ergebnis sah man hauptsächlich Werke mit sozio-dokumentarischem Charakter.