ein buntes Kulturerlebnis!

… abergläubisch: aber nur wenn’s passt

tick tick tick tick tick. Die Küchenuhr der Mutter meiner Mutter tickt für mich seit ich ein Bewusstsein habe. Früher war damit meist die Langeweile verbunden, die entstand, während ich in der Küche auf das Mittagessen wartete und keine Lust hatte, Hausaufgaben zu machen. Als die Mutter meiner Mutterkaum noch hören und gar nicht mehr sehen konnte, ging ich jedes Jahr ein paar Tage vor Weihnachten zu ihr, um mit ihr Stollen für die ganze Familie zu backen. Eine alte Tradition im Hause Jönsson. Dann verwandelte sich das Ticken in ein angespanntes Warten. Die »Stollenkriterien« der Mutter meiner Mutter waren sehr genau formuliert, was Farbe, Konsistenz und Geschmack angingen. Und sobald die Ofenuhr schrillte, sprangen die alte Dame und ich an den Ofen, um die Sache ihrer alljährlichen Prüfung zu unterziehen.

Als die Mutter meiner Mutter das Zeitliche segnete, zog die Küchenuhr nach Berlin in meine Küche und wurde mit etwas Aberglauben aufgezogen. Ja, man muss sie mit einem Vierkantschlüssel mit Flügelgriff regelmäßig aufziehen. Wenn sie stehenbleibt, dann läufts nicht gut. So der selbstgemachte Aberglaube. Inzwischen ist der Umgang etwas lockerer geworden. Es läuft auch manchmal nicht so gut, wenn sie tickt und manchmal läuft es sehr gut, obwohl sie stehengeblieben ist und eine Verschnaufpause einlegt. Manchmal setze ich mich in die Küche und warte, das sich das Gefühl der Langeweile einstellt, so wie damals. Ich fürchte das ist für alle Zeit verloren. »Lange Weile haben« scheint ein Luxus zu sein, der nur Kindern vergönnt ist.