Einmal im Monat widmet sich das Babylon Mitte dem Kurzfilm. Man nennt das regelmäßig an einem Freitagabend stattfindende Programm „Shorts Attack“ (klingt wie der Angriff der Kniefreihosen) und es wird von Interfilm Berlin präsentiert wird. Gestern wurde eine inhaltlich Klammer gestiftet durch die namhaften Schauspieler, die in den verschiedenen Filmen zu sehen waren. Diese „famous faces“ waren Jürgen Vogel, August Diehl, Monica Bleibtreu, Anna Thalbach, Otto Sander, Patrick Chesnais und Florian Lukas, die anscheinend gerne die Hauptrollen in den kleinen Produktionen übernommen haben, zumal die Charaktere fast durchgängig den Schauspielern auf den Leib geschrieben worden waren. Jürgen Vogel als Vater einer Prekariatsfamilie, August Diehl als hilflos aggressiver Zivi, Monica Bleibtreu als die Winde verhexende U-Bahn-Musikerin mit Bandoneon, Anna Thalbach als Junky-Mutter, die vor der Angst ihr Baby zu verlieren, zu spät bemerkt, dass eben dies genau geschieht, Otto Sander als seltsamer, stummer Kauz, der auf ein mysteriöses Loch trifft, Patrick Chesnais als sich selbst mit dem Wunsch einen großen Abgang zu inszenieren und Florian Lukas als junger Gelegenheitsgauner, der von verschiedenen Frauen zum Liebesbeweis zu Überfällen angestiftet wird.
Richtig abgefahren war das Filmfragment „Nach grauen Tagen“ in dem Jürgen Vogel mitspielte: Die familiäre Szene ist kurz vor dem Explodieren. In einem Extremchaos zwischen Staubsauger, lärmendem Kinderkaraoke, weinenden Babies und einer tauben Oma wird ein riesiger Ballon aufgeblasen. Als er zu platzen droht – schwupps – steckt Muttern ihren Kopf in den Ballon. Die Kamera rutscht mit in die blaue Sphäre und man erlebt ihre Erlösung aus der echten Welt. Sie erscheint, Gedichte rezitierend, geradezu erleuchtet. Das ist der Familie natürlich suspekt und mir einem unsanften Stich platzt Mutters Traumwelt wieder zurück in das Alltagsgeschehen.
Das nächste Shorts Attack-Programm startet am 13. April mit „Megacities – Metropolen“. Ob das wieder so gut wird?