
Das Leben in Zürich ist nicht ganz einfach für die drei Protagonistinnen. Die Serbin Ruža (das Fräulein) kam vor 25 Jahren in die Schweiz. Sie hat sich durchgebissen und hat eine eigene Kantine in ihren Besitz gebracht. Beim jahrzehntelangen Überlebenskampf ist sie langsam verhärtet und sie hortet krampfhaft ihr mühsam verdientes Geld, das ihr die Unabhängigkeit verschafft, in der sie einsam geworden ist. Eines Tages taucht die junge, gutausehende Ana aus Bosnien auf und hilft unaufgefordert in einem kritischen Moment im Restaurant aus, als die langjährige kroatischen Küchenhilfe „Mila“ ausfällt.“
Mit ihrer vordergründig unbekümmerten Art, lockt sie ihre Chefin Ruja aus der Reserve und eine vorsichtige Freundschaft, mit Mutter-Tocher-Charakter, beginnt. Allmählich kommt Leben in die Beziehung der beiden älteren, die sich schon längst in ihrer unterkühlten, gegenseitigen Abhängigkeit eingerichtet hatten. Doch die erfrischende Lebendigkeit Anas wird von der Angst, schon bald zu sterben, angetrieben. Der Film ist sehr eindrucksvoll und mitfühlend gedreht. Er hat streckenweise stark dokumentarischen Charakter und wirkt wie eine „Dogma 95„-Produktion.
Es werden viele ruhige Kameraeinstallungen verwendet, die mit minimaler Schärfentiefe fokusiert sind. Bei diesen Aufnahmen ist fast das gesamte Bild unscharf und nur manchmal, wenn die Menschen z.B. ganz in den Vordergrund kommen, sind einige Details klar zu sehen. Dadurch wird die Begrenzheit der auf die eigenen Probleme bezogene Wahrnehmung der Frauen gut nachvollziehbar. Im Verlauf des Films schaffen es alle drei zu einem gewissen Maß an entspanntem Überblick und damit auch zu mehr Schärfentiefe. Diese Umsetzung von erzählter Geschichte in bewusste Kameraeinstellung ist sehr spannend. Mir hat der Film insgesamt gut gefallen, obwohl es auch weniger spannende Momente gibt: Man muss vielleicht ein bisschen viele gluckernde Einstellungen von Spülschaum und Auswurf durchstehen und ein anderes Klischee ist die semantische Verwendung von Technomusik immer dann, wenn Ana eskapistische Tendenzen zeigt und nichts mehr von ihren Problemen wissen will und sich einen neuen Freund für eine Übernachtung angeln geht. Insgesamt lehnt sich der Streifen an die filmische Tradition des kleinen Fernsehspiels an (ZDF u.ä. waren Kofinanzierer), was aber ja nicht verkehrt sein muss. Regie: Andrea Štanka
Gesehen im Eiszeit (Immer einen Besuch wert!)