Ich jogge nicht, ich gehe! Schnell und ohne Stöcke. Das hat den Vorteil, dass ich (je nach Outfit) so tun kann, als würde ich einfach nur gerne ganz ganz schnell Spazierengehen. Wie ich heute morgen feststellte, gehen auch noch ca. 10 bis 15 andere Menschen gern ganz ganz schnell spazieren und machen dabei seltsame Armbewegungen, um die nicht vorhandenen Stöcke doch einigermaßen zu ersetzen. Wir sollten Stöcke nehmen, auch wenn diese gefühlt in den Wald, in die Alpen oder in die Rentnerfreizeit gehören und nicht zu uns nach Kreuzberg!
Ein Vorteil des ganz ganz schnell Gehens gegenüber dem Joggen ist neben vielen anderen Vorteilen, dass man etwas von seiner Umwelt mitbekommt:
Für Alleinstehende fast ein Traum: Auf jeder Bank saß eine Frau oder ein Mann, mit geschlossenen Augen, entspannt das Gesicht der Sonne zugewendet, als würden sie alle darauf warten, geküßt zu werden, die Arme lässig auf der Rücklehne. Vor dem Urbankrankenhaus übt ein Jungschwan unter den Augen seiner Eltern den Start- und Landeanflug auf dem Wasser. Es erinnert mich an den Albatros aus einem Disneyfilm. Die anderen Spaziergänger und Banksitzer zeigen sich lächelnd solidarisch in der Wahrnehmung und nicken sich wohlwollend zu. Auf dem Rückweg klemmt sich ein Kind die Finger in einer Bank ein und wird gerettet, eine ältere Dame schlittert, fällt und wird gerettet und ein einsamer Mann sitzt auf einem Vorsprung und beobachtet mit mir im Gegenlicht ein Männerpärchen, das mit dem Kanu durchs Glitzerwasser fährt. Meine Musikschachtel spielt dazu ein Stück aus ..The Good, the Bad and the Ugly.. von Enrico Moricone. Ist es nicht schön in Kreuzberg!