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… unehrlich: Berlin und seine Ehrungen für Biermann oder Dutschke

Rudi Dutsche und Wolf Biermann vor Mikrophonen

Mal soll Wolf Biermann mit der Ehrenbürgerwürde, mal Rudi Dutschke mit der Umbenennung einer Straße geehrt werden. Stets gibt es Widerstand im Parteiensystem, je nachdem welche Seite den Vorschlag einbrachte. Die Ideologen schieben ihre subversiven Heiligen vor sich her, dabei geht es überhaupt nicht um die Ehrungen, sondern nur um den politischen Hickhack.
Die Vorgänge sind ja gar nicht so leicht nachzuvollziehen.
Wolf Biermann wird von der CDU-Fraktion als Kandidat für die Ehrenbürgerschaft Berlins vorgeschlagen. Dazu haben sie die Oposition im Parlament mobilisiert, FDP und Grüne sind auch dafür. Schon soweit ist das Geschehen recht erstaunlich, denn wer hätte gedacht, dass ausgerechnet die CDU für Biermann wäre. Ist der Mann nicht ein Linker? Kritisch zwar gegen die ehemaligen wie heutigen Staatslenker, aber doch doch ein entschiedener Anti-Rechts-Verfechter. Warum also kommt die CDU mit diesem Kandidaten?
Die Erklärung ist einfach: Um die rot-rote Koalition zu ärgern. Weil sich die Ex-SED PDS-Die Linke berechenbar nicht dazu durchringen kann, den Liedermacher Biermann, der immerhin ehemals als größter Staatsfeind der DDR galt, aus heutiger Sicht als wichtigen Berliner zu ehren, wollte die CDU ein bisschen innerkoalitionären Ärger stiften. Super gedacht, super gemacht: Die Rechnung ging auf und alle beschäftigten sich wieder mal mit einem unwesentlichsten Symbolproblem dieser Stadt, statt vernünftige Politik zu machen.
Pro aus und Contra in der Morgenpost

Wie kommen die CDU-Strategen auf solche Ideen?
Da gibt es doch den bereits in der Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg angenommenen Vorschlag, einen Teil der Kochstraße in Rudi-Dutschke-Straße umzubenennen. Das hat die Koalition aus Grünen und PDS durchgewunken, aber die CDUler im Bezirk fanden es wenig passabel. Also organisierten Sie eine Volksabstimmung, schnell waren etwas über 9000 Unterschriften beisammen.
Hier liegt die Ausgangslage also genau anders herum: Die Grünen dachten sich, wäre doch lustig, wenn ausgerechnet der Springer Konzern, als sybolischer Hauptfeind der damaligen 68er-Studentenbewegung, zukünftig an der Rudi-Dutschke-Straße läge. So könnte man der Springer Presse und der ihr nahestehende CDU richtig schön eins auswischen. Super gedacht – super gemacht, mit dem gleichen Ergebnis wie im obigen Fall.
Einigermaßen objektive Darstellung bei Deutschlandradio.

Jetzt geht es ans Abstimmen
Nun bin ich am 21. Januar wie alle anderen Kreuzberger Anwohner aufgefordert, im Bürgerentscheid Stellung zu nehmen. Die Fragestellung ist übrigens derart verdereht gestellt, dass man ohnehin kaum weiß, wie man antworten soll. Wörtlich lautet sie so:
„Stimmen Sie für den durch Bürgerbegehren beantragten Bürgerentscheid?
Das Bezirksamt wird aufgefordert, die Umbenennung eines Teils der Kochstraße in Rudi-Dutschke-Straße zurück zu nehmen.
Ja/Nein“

Also „Ja, ich bin für die Zurücknahme“ = Keine Umbennennung
oder „Nein, ich bin gegen Zurücknahme“ = Umbenennung

Leider wird man nicht erheben können, wie viele Menschen genau verkehrt herum stimmen, gegenüber ihrem eigentlichen Willen. Weil das keiner so recht verstehen will, mit der doppelten Verneinung „nein zur Zuücknahme“ rufen die CDU-Strategen jetzt „Ja zur Kochstraße“. Mal sehen, ob es hilft.

Was soll man tun?
Ganz einfach: Alles ablehnen!
Wir brauchen weder eine Rudi-Dutschke-Straße noch einen geehrten Wolf Biermann, solange es weder im einen noch im anderen Fall um ehrliche Ehrungen geht. Sollen sich die politisch Verantwortlichen ihre neckischen Ideen einfach abschminken und sich um wesentlichere Dinge kümmern. Wir und sie haben wirklich wichtigers als Symbolpolitik zu tun in dieser Stadt!