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… zornig: wie man mit Diskussionen die Welt verbessern kann

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Gestern abend war Premiere des Stücks „How to take over / zornige Menschen 3“ der Theaterformation Lubricat im Festsaal der Sophiensaele. Das Bühnenbild ist minimal, erinnert ein bisschen an eine Bühne einer Podiumsdiskussion und das Miteinanderreden bildet auch den äußeren Rahmen der Veranstaltung. Da kommen fünf Menschen zusammen, die gemeinsam als Arbeiter eine argentische Fabrik übernommen haben, doch sie stellen gleichzeitig auch verschiedene Typen von Charakteren, Ethnien und Temperamenten dar, wie sie in jeder Globalisierungsgegnergruppe auftreten könnten.Man ist sich einig: Es ist unfair, wenn man mit seiner Arbeitskraft nicht von den Gesetzen der globalen Ökonomie respektiert wird. Doch muss man gefangen bleiben in der Logik der Alternativlosigkeit? Kann es eine selbstgemachte bessere Welt geben?
Im Prinzip ist man sich auch hier einig: Ja, man kann den Weg des Respekts gehen, doch in welche Richtung er führt, darüber herrscht große Uneinigkeit. Es gibt wahnsinnig viele Ideen und Ansatzpunkte, alles erscheint genauso wichtig, richtig oder falsch zu sein und jeder hat einen anderen persönlichen Bezug und unterschiedliche Motivationen. Darüber lässt sich lauthals streiten und schnell kommt es zu Frustrationen, weil man trotz der großen inneren Kraft über den bloßen Protesthabitus nicht hinauskommt. Alle treten auf der Stelle, obwohl sie doch auf einem leuchtenden Weg der Befreiung sein müssten. Das Vereinen zu einer stärkeren Masse wird zum gegenseitigen Hemmen der Einzelnen, die Möglichkeiten scheinen zu schwinden.
Letztlich versöhnt man sich im Angesicht der persönlichen Fähigkeiten, freut sich über die potenziellen Möglichkeiten ohne sie konkret zu nutzen und das Ganze löst sich in Wohlgefallen auf. Schön, dass wir darüber geredet haben.

Lubricat spielt mit dem multiethnischen Ensemble multilingual. Es geht munter deutsch, englisch, spanisch und chinesisch durcheinander, doch die Verständnisprobleme der Akteure beziehen sich nicht auf die Sprachkonfusion. Die Ratlosigkeit der Globalisierungsverlierer ist dieselbe, wie die der Globalisierungsgewinner. Die einen wie die anderen sehen sich gefangen in einem größeren alternativlosen System, dem alle ausgeliefert sind. Man will dagegen sein und muss doch mitmachen. Man muss ja überleben.
Reicht es denn schon aus, ein Bewusstsein für die möglichen Abgründe und Gefahren der freien Wirtschaftsdynamik auszubilden oder soll man aktiv werden? Das Stück bietet selbstredend keine abschließende Antwort auf solche Fragen, aber immerhin, es stellt sich ihnen.

Natürlich sind Aufführungen mit kritischer Haltung gegen die Globalisierung einschließlich kritischer Selbstreflektion inzwischen das Standardprogramm aller jüngeren Theater, doch Lubricat versteht es, die Inszenierung mit einer ironischen und gruppendynamischen Problempsychologie zu impfen, die einen für eigene Diskussionen mit Freunden oder Gegnern stärken kann.