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15. März 2008 23:08:40

… revisionistisch: Re-Imaging Asia im Rahmen von Re-Asia im Haus der Kulturen der Welt

Histroy Of Rise And Fall von Manabu Ikeda

Ein Bild, das den Betrachter demütig werden lässt. „History of Rise and Fall“ von Manabu Ikeda

Gleich vorne weg: Die aktuelle Re-Imaging Asia Ausstellung im Haus der Kulturen ist einfach super! Was für ein Kontrast zur letzten transmediale-Ausstellung am selben Ort.

Eigentlich könnte man es dabei bewenden lassen und einfach alle hinschicken, die man kennt, doch die Ausstellung ist nicht nur sehens- sondern auch erwähnenswert. Im Foyer des Haus der Kulturen der Welt liegen unzählige Gebrauchsgegenstände aus 40 Jahren Alltagskulturgeschichte der Volksrepublik China. Zunächst denkt man, hier wurden ein paar Flohmärkte geplündert, doch es ist die ganz private Sammlung der Mutter von Künstler Song Dong. Die Mutter, von der Mangelwirtschaft geprägt, hat alles behalten, was jemals ihrs war. Jede Plastikflasche, jeder alte Wok-Kochtopf, jedes Styropor-Dämmmaterial erzählt einen Teil der Geschichte eines ganz bestimmten Lebens in China. Nach 40 Jahren angesammelter Erinnerung sieht es aus wie eine Leben im Überfluss, doch reich ist es wohl besonders an Erfahrung damit, wie man sich mit einem kommunistischen Staat arrangiert, der sich selbst mehr und mehr ohne ohne Aufgabe der maoistischen Machtstruktur mit dem Kapitalismus arrangiert hat. Song Dong machte aus diesen Erfahrungen gemeinsam mit seiner Mutter …

… nach dem Tod des Vaters/Ehemanns die Installation „Waste Not“. Gemeinsam konnten Sie über diese künstlerische Arbeit, die eine Wiederherstellung der Lebensordnung darstellt, ihren Schmerz über den Tod verarbeiten.

Tritt man vom Foyer in den Hauptsaal, wird schon nach dem ersten Rundblick deutlich, welch gute Konzeption dieser Ausstellung mit dem Titel „Re-Imaging Asia“ zu Grunde liegt. Es geht hier nicht um das Abbilden der neuen asiatischen Kunst, die sich gerade so wunderbar vermarkten lässt, sondern eher um das Image von asiatischer Kunst, das im Westen die Kunstrezeption domminiert. Die Kuratoren legen den „Fokus auf Asien als Imaginationsraum“ und tatsächlich ist dabei ein fast magischer Kunst-Raum entstanden.

Gleich mehrere Arbeiten stehen im Kontrast zwischen asiatischer Häuslichkeit und staatlicher Repression. Drastisch komprimiert bei „Baby’s miscellaneous“, einiger waffenstrotzender Armee-Kinderwagen, von Chi Jinsong. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob im Zentrum dieser Werke der Begriff „Heuchelei“ steht? Jedenfalls entsteht ein ungeheures Spannungsfeld zwischen lächelnder Freundlichkeit und offener Gewaltausübung. Vielleicht steckt das sogar beides (gewissermaßen staatstragend) im Wort „Höflichkeit“, mit dem wir das Asiatische oft bezeichnen? Bezeichnend auch die für die Hofberichterstattung angefertigten Fotos, die erst nach starken Retouchen zur Mao-Propaganda veröffentlicht wurden. Natürlich wurde nach Maßgabe eines politischen Willens realitätsverändernd eingegriffen, doch spiegeln die manipulierten Bilder auch den den typisch asiatischen Wunsch nach Harmonie, Schönheit und Vollkommenheit wider. Eine verfremdende Arbeit, die heute weltweit den Bildjournalismus prägt. Im Informationsübersättigten 21 Jahrhundert versteht man solche Eingriffe eher dahingehend, dass versucht wird, die Botschaft, die das Bild vermittelt (oder vermitteln soll), klarer zu gestalten. Wahrheit, Schönheit und Informationsgehalt sind dabei nicht unbedingt deckungsgleich. Die Nachricht wird zum Design. Oder wird das Design zur Nachricht?

Mit der benannten Höflichkeit hängt auch die gerne als asiatisch stereotypisierte Geduld zusammen. Mit dieser Tugend (auch als Langmut bezeichnet) sieht man sich bei Manabu Ikeda konfrontiert. Mit seiner unfassbar detailreichen Zeichnung „History of Rise and Fall“ legt er quasi eine Art asiatische Version des „Turmbau[s] zu Babel“ von Pieter Bruegel dem Älteren vor. Man steht wie gefesselt vor diesem atemberaubenden Werk und kann ihm gegenüber natürlich niemals die notwendige Geduld aufbringen, wirklich in die Tiefe dieser Geschichte einzutauchen. Weil wir so ungeduldig sind, reagieren wir mit Demut. Noch eine Tugend, die wir all zu gerne nach Asien imaginieren.

Es gäbe noch viele andere Bilder und Installationen zu beschreiben, doch die Selbsterfahrung ist wunderbar. Drum: Angucken gehen! Sofort!

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Video vom Aufbau der Installation „Waste Not“

 

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