
Die Kunstmanager von der Deutschen Bank wollten mit der Ausstellung „Jeff Wall – Belichtungen“ einen großen Coup landen. Er wurde beauftragt eine neue Ausstellung für die Deutsche Guggenheim zu errichten und ich bin mir sicher, man rechnete mit großen inszenierten Werken, auf denen mit schonungsloser Gewalt oder zumindest Offenheit nicht gegeizt wird.
Doch Jeff Wall machte eine völlig andere Ausstellung. Die Irritation kann man den Verantwortlichen bei den Eröffnungsreden (Video) anmerken.
Diese Ausstellung ist ganz ruhig, zurückgezogen, wenn nicht fast schon verschlossen. Mehrheitlich schwarz/weiß-Aufnahmen mit Blick ins Soziale, ohne dabei eine klare Position zu beziehen. Auch diese Fotografien sind trotz des dokumentarischen Charakters alle gestellt und inszeniert, doch spielt viel Natur und tatsächliches Environment mit hinein. Jeff Wall scheint sich mit Kontrollverlust auseinanderzusetzen, indem er nun die Dinge hinnimmt, wie sie eben sind.
Von seinen großen Leuchtkästen ist man es gewohnt mit einer geradezu penetranten Genauigkeit, Farbsättigung und Brillianz konfrontiert zu werden. In dieser Ausstellung nutzt er diese Möglichkeiten der Farbfotografie, um scheinbar völlig belanglose Blicke und Gegebenheiten zu präsentieren. Die schwarz/weiß Aufnahmen sind dagegen erstaunlich kontrastlos. Da ist ein Bild, das fast zur Hälfte aus einer undeutlichen Spiegelung in einer trüben Pfütze besteht. Es ist eher ein Grau-in-Grau-Bild als eine Schwarz-Weiß-Aufnahme, doch dadurch wirkt es bleischwer, als wäre Anselm Kiefer am Werk. Tatsächlich geht es ihm wahrscheinlich mehr um formale Dinge, als um die interpretierbaren Themen. (Das drängt sich einem jedenfalls auf, wenn man das schon oben verlinkte Video ansieht.) Da stehen Tagelöhner am Straßenrand, dort machen Menschen in einer sozial-schwachen Gegend einen Garage Sale und hier laufen einige Personen mit Rollkoffern (vermutlich zum Hotel). Na und? kann man denken. Was soll’s? Doch gerade das macht die Bilder ja so merkwürdig. Wieso hängt einer relativ belanglose Bilder im XXL-Format mit kostspieliger Hinterleuchtungstechnik ins Museeum? Weil er die Möglichkeit dazu hat? Will er das Foto trotz Inszenierung und dokumentarischem Stil vom Inhalt befreien? Entsteht hier eine Art Abstraktion ohne Vergröberung im Blick?
Nur das Bild „Wargames“ sticht dabei inhaltlich heraus. Hier entdeckt man den Blick eines Reporters, der Aufrütteln will. „Seht her, diese Kinder spielen Völkermord. Das passiert, wenn wir den Blick für das Ganze verlieren!“ kann man den Autor des Bildes sagen hören.
Auf dem Weg in den MuseumsShop entdeckt man dann noch einen Monitor auf dem tonlos ein Film über die Arbeitsweise Jeff Walls läuft. Er wird wie die Auflösungs eines Rätsels am Rand versteckt. Hier sieht man die Entstehung vieler der Bilder, die ihn berühmt gemacht haben und kann den Aufwand erkennen, mit dem die Settings gebaut wurden. So was hätten sich die Ausstellungsmacher bestimmt gewünscht.