ein buntes Kulturerlebnis!

… nackt: Der entblößte Körper im CO Berlin

Die Ausstellung von Fotografien aus der Schweizer Privatsammlung von Thomas Koerfer läuft schon seit der Eröffnung des diesjährigen Art Forums. Nun endlich habe ich es auch mal geschafft, mir einen eigenen Eindruck zu verschaffen.
Sämtliche zur Ausstellung verbreiteten Texte beziehen sich auf die Darstellung des Körpers in der Moderne, doch diese Herangehensweise verstellt den Zugang zu den Werken mehr, als dass sie einem den Weg weist. Fast in keiner, der gezeigten Fotografien geht es nach meinem Verständnis um die Darstellung des Körpers. Wenn Körperlichkeit überhaupt das Thema der Ausstellung ist, dann ist es der Blick auf den Körper, der hier behandelt wird, aber noch viel mehr geht es um Empfindungen, Gefühle, Wünsche, Sehnsüchte, Phantasien, Provokation, Grenzüberschreitung und Macht bis hin zu Erniedrigung, Missbrauch, Schmerz und Gewalt. Bilder an der Grenze der Empathie. Es ist klar, dass die meisten Bilder starke Affekte auslösen, weil sie den Betrachter mit meist gut verborgenen Themen konfrontieren: Man wird hier der eigenen Scham (Darf ich hier guten Gewissens sein?), seinem Voyeurismus (Ist es wirklich nur Kunstgenuss anderer Leute Geschlechtsteile anzuschauen?) und natürlich seiner eigenen Sexualität (Was lösen die Bilder bei mir aus?) ausgesetzt.

Die Ausstellung untergliedert sich sehr sinnstiftend in fünf Themenbereiche:
Authentizität – der Fotograf als Teil des Blicks (Fotografien, die Einblick in Szenen geben, die den Betrachtern sonst verborgen blieben)
Blick – Voyeur (Differenz zwischen „look“ and „gaze“ – Voyeurismus meint hier das Innen- und Außenverhältnis zwischen Objekt und Betrachter)
Objekt – Objekthaftigkeit/Oberfläche (durch die Fotografie wird der abgebildete Körper zur Oberfläche des Betrachters)
Inszenierung – Bühne (distanzierte, häufig theatralische Formen der Inszenierung)
Fragmentierung – Experiment (Fragmentierung des Körpers oder des Fotos)
Im letzten Bereich wird man sicherlich am meisten herausgefordert, weil Fragmentierung eben meist mit Schmerz oder Zerstörung zu tun hat.

Der distanzierende Rückzug auf diese analytische Herangehensweise (Analyse = Zerteilung), hilft einem sich auf einzelne Aspekte zu konzentrieren, falls einem die Bilder in ihrem ganzen anrührendem Potenzial zu nahe zu kommen drohen. Doch steckt die Kraft der Bilder gerade darin, dass man sie sich nicht analytisch erarbeiten muss, sondern dass sie einen emotional er- oder angreifen.
Ich weiß nicht so recht, ob man die Ausstellung schön finden kann? Sie lässt einen jedenfalls nicht kalt und wenn doch, sollte man darüber nachdenken warum.

Werke von Robert Mapplethorpe, Miroslav Tichý, Nobuyoshi Araki, Nan Goldin, Cindy Sherman, Boris Michailow, Richard Prince u.v.a.

Stripped Bare . Der entblößte Körper

Fotografien aus der Sammlung Thomas Koerfer
28.09 bis 09.12 2007
C|O Berlin, Postfuhramt, Oranienburger Straße, Mitte