ein buntes Kulturerlebnis!

… elektroästhetisch: Vom Funken zum Pixel im Martin-Gropius-Bau

Vom Funken zum Pixel im Martin-Gropius-Bau

Dunkel ist es in den Räumen der Ausstellung „Vom Funken zum Pixel“. Denn Kunst besteht hier vor allem aus „Licht-machen“, „Licht ins Dunkel bringen“. Die Ausstellung steht aber nicht, wie man vielleicht meinen könnte, im Zeichen der aufklärerischen Informationsgesellschaft. Es geht weniger um Erhellendes, als um Erleuchtetes, um Wahrnehmungsexperimente mit digitalen oder analogen Möglichkeiten und in manchen Räumen driftet es etwas in ein Jahrmarktsspektakel ab. Thematisch sind die Werke vier Stationen zugeordnet, die die Beherrschung der verschiedenen Energieformen durch den Menschen markieren: Feuer, Elektrizität, Licht und Pixel. Dementsprechend bekommt ein Rundgang eine historisch-chronologische Dimension, die aber nicht vordringlich ist.
Es gibt gleich mehrere Licht- und Projektionskuppeln, Spiegelkabinette und verschiedene Varianten des 3D-Kinos, wo die Faszination bzw. der Spaß in der Nachbildung oder Überhöhung des realen Sehens mittels Projektionen, Polbrillen oder Ähnlichem ausprobiert wird. Also prima für Technikbegeisterte, die auch gerne auf die IFA gehen. Die Ästheten wenden sich anderen Ausstellungsobjekten zu, die zum Teil wirklich zauberhaft sind. Besonders, wenn die Technik eigentlich recht simpel ist, die visuelle Überraschung und das Vergnügen am Sehen aber umso größer wird. So z.B. bei Christian Partos, der Leuchtschnüre mit einzeln anwählbaren LEDs über eine große, rotierende Spindel spannt. Auf den entstehenden Rotationskörper legen sich dreidimensionale Lichtmuster, die sich als ephemere Wesen oder Wolken vor dem Betrachter aufbauen. Dass er diesen Aufbau als Rosenkranz konzipiert hat, stört zum Glück nicht weiter. Die cine-kinetischen Maschinen von Gregory Barsamian versetzen den Betrachter in kindliches Staunen. Wie kann der filmische Eindruck entstehen, wo sich das Ganze doch scheinbar nicht bewegt? Ein Stroboskop macht es möglich, das genau in den entsprechenden Zeitintervallen blitzt, die benötigt werden, um den skulpturalen Rotationskörper von einem „Bild“ zum nächsten zu drehen. Wie eine Blendenschürze, die beim Kinoprojektor das Licht nur durchlässt, wenn ein Bild genau vor der Projektionsoptik liegt. Um die Illusion eines „laufenden Bildes“ zu erzeugen, wird hier entsprechend das Sroboskop eingesetzt. Die surrealen Motive der „Traumsequenzen“ runden das phantastische Moment der Installation ab, wenngleich Form und Inhalt nicht zwingend erscheinen. Vollkommen stimmig ist diese Verbindung bei Thomas McIntosh, der eine gespannte Folie mit einer hauchdünnen Schicht Wasser überzieht, die zu sphärischen Klängen in Wallung („Ondulation“) gebracht wird. Das entstehende Wellenmuster wird über eine Lichtspiegelung an die Wand geworfen. Das ist sehr schön und meditativ – man kennt es aus dem Physikunterricht, wo man gerne Eisenspähne auf Metallplatten zu bestimmtenTonfrequenzen gleichmäßige Muster bilden lässt.
Einige Exponate, verbinden Form mit Informationsinhalten, also einer Funktion. Interessant dabei, dass die bekannten Schwierigkeiten zur Informationsbereitstellung im 3D-Raum zu einer gewissen Ernüchterung führten, die ihrerseits als Motor für neue kreative Ausformungen wirkte. Ganz deutlich wird das bei Joachim Sauter und Dirk Lüsebrink mit ihrem Projekt „The Invisible Shape of Things Past„. Als Ausgangsmaterial wird eine Kamerafahrt genommen, deren Einzelaufnahmen in einem 3D-Modell der Kamerafahrt hintereinander geschichtet werden. Beim Wechsel der Blickrichtung werden die Bilder in entsprechende Winkel gedreht, was nachträglich als Zugang zu den aufgenommenen Bildern zusätzlich zum Film (als zeitlicher Stream), auch den dreidimensionalen Körper quasi als räumlichen Bilder-Browser zur Verfügung stellt. Diese Bildskulptur wird dann virtuell erfahrbar gemacht, in dem man sie von Innen und Außen betrachten und durchdringen kann. Sehr schön zu sehen, dass die gefundene Form sich nun nachträglich wieder von der Funktion trennt oder emanzipiert und aus dem virtuellen zurück ins Reale transportiert wird. Sauter lies die Film-Skulptur, die er im Martin-Gropius-Bau selbst erstellte, als hochglänzende Metallplastik gießen und erhebt so also die reine Form gleichwertig neben die Funktion.

Vom Funken zum Pixel. Kunst + Neue Medien
28. Oktober 2007 bis 14. Januar 2008
Martin-Gropius-Bau Berlin
Niederkirchnerstraße 7 | Ecke Stresemannstr. 110
10963 Berlin