Der diesjährige mit 10 000 Euro dotierte Förderpreis Bildende Kunst der Schering Stiftung ging an Nairy Baghramian, geb. 1971 in Isfahan/Iran. Zusammen mit den anderen vier nominiert Kandidaten wird sie nun in der Berlinischen Galerie ausgestellt. Es ist eine frische Schau, die den neuen erweiterten „Skulptur“-Begriff von vielen Seiten beleuchtet, da alle fünf Künstler sehr unterschiedliche Arbeiten und Arbeitsweisen zeigen.Die Preisträgerarbeit von Nairy Baghramian (geb. 1971 in Isfahan/Iran) ist eine streng abstrakte Rauminstallation, die von den geometrischen Arbeiten El Lissitzkys oder Max Bills beeinfusst scheint. Technisch perfekt gearbeitet, betrachtet man das Werk fast wie ein Designstück im Möbelhaus, bei dem man nach dem praktischen Nutzen sucht. Mit den Spiegelflächen und den zugehörigen Sitzen an den umstehenden Wänden wird es zu einer Art Wohnobjekt. Man wünscht sich dazu einige Entwicklungsskizzen zu sehen, um dem Ganzen ein bisschen mehr Tiefgang zu entlocken. Sehr schön ist der bzw. die Titel der Arbeit. Neben „Es ist ausser Haus“ gibt es noch vier weitere: „Das hübsche Eck“, „Empfangszimmer“, „Windfang“ und besonders lustig „Ohne Titel“. Das darf man wohl als Aufforderung verstehen, die Skulptur selbst mit weiteren Namen zu belegen.
Thorsten Brinkmann (geb. 1969 in Herne) geht einen ganz anderen Weg. Er ist ein Sammler und damit eher auf den Spuren von Marcel Duchamp. Er ist eigentlich ein Messie. Aus dem ganzen Zivilisations- und Sozialisationsmüll baut oder bastelt er kleine wie große Skulpturen voller Homor und Ironie. Er nimmt so viele weiße Gegenstände in die Hand und auf den Kopf, wie er tragen kann und bildet daraus, mit seinem eigenen Körper in mitten dieser Plastikwelt, eine Spontanskulptur, die er als Foto dokumentiert. Oder er bespielt die Gegenstände in einem Video, in dem er durch die Sachen hindurchkrabbelt oder sie sonst irgendwie wie bespielt. Der Film läuft beschleunigt wie ein alter Stummfilm und es sieht auch entsprechen spaßig aus.
Michael Sailstorfer (geb. 1979 in Velden/Vils) ist ein Umformer. Er baut ein Schlagzeug aus dem Blech eines Polizeibusses oder hängt einen Autoreifen samt Hinterachse an die Wand, der sich an der selbigen langsam abschabt. Es geht um Mobilität und Verortung, Veränderung durch Bewegung und Veränderung im Stillstand. So heißt die Arbeit mit dem Autoreifen „Zeit ist keine Autobahn“ und der Gummiabrieb des Nicht-Fortkommens liegt darunter auf dem Boden.
Jan Bünnig (geb. 1972 in Ostberlin) häuft verschiedene Materialen zu Wurst- oder Zapfenartigen Gebilden auf. Dabei entstehen Objekte, bei denen nicht ganz klar ist, ob sie vielleicht einfach irgendwo gewachsen sind, durch sedimentäre Prozesse entstanden oder doch in mühsamer Kleinarbeit von einem Künstler sehr akribisch gebaut wurden. Es sind erdige und doch höchst artifizielle Objekte, die den Prozess des Enstehens auch in ihrer abgeschlossenen Fom in den Vordergrund rücken.
Marco Schuler (geb. 1972 in Bühl/Baden) wird als neo-expressionistischer Künstler mit Figuren und Objekten gezeigt. Marco Schuler zählt sich zu den Schnellschützen der Kunst, die draufhalten, losballern und dann mal sehen, was so dabei rauskommt. Für den Kunstpreis sind weniger auffallende Arbeiten herausgekommen, was schade ist, denn z.B. seine Videoarbeiten hätten sich sicherlich ganz gut gemacht in dieser Ausstellung.
Die Ausstellung läuft vom 19. Januar bis 9. April 2007 (Achtung: 13. bis 28. März geschlossen)