ein buntes Kulturerlebnis!

… bitter schmelzend: Thorsten Klapsch zeigt „KlimaZeugen“ im HAUS1


In diesem merkwürdigen städtischen Zwischenraum am Halleschen Tor steht ein kleines Häuschen mit bewegter Geschichte direkt am Kanal. Es war schon Anlegerstation, öffentliches WC, Eis-Café, Ausstellungsort – und wahrscheinlich noch viel mehr. Im Moment ist es eine Art Observatorium, von dem aus man den Blick auf Spuren von Nutzungen in der Welt werfen kann, fotografiert von Thorsten Klapsch, der seit Jahrzehnten an der Dokumentation des zivilisatorisch Vergänglichen arbeitet.


Schönheit und Scheitern – übereinander belichtet

Was Klapsch zeigt, sind Abbilder von Ambivalenz: Schönheit in der Katastrophe. Aktionismus im Aussichtslosen. Unfälle im scheinbar Geregelten. Alles davon menschengemacht.

Harz 01, 2020 Archival Pigment Print 60 x 80 cm

Der vertrocknete und von Käfern zerfressene Wald, ist eigentlich kein Wald, sondern eine angelegte Baumplantage. Was die Menschen hier vor Jahrzehnten pflanzten, haben sie mit einer bestimmten Ertragserwartung gemacht ohne dabei ihren eigenen Einfluss einzurechnen. Heute durchquert eine Gruppe Wandernder die silbern schraffierte Landschaft, auf der Suche nach einem Naturerlebnis.

Oder der Rhone-Gletscher in den französischen Alpen: einst geheimnisvoll schimmernd, wachsend, schiebend. Jetzt schrumpft er in einer grauen Mulde, notdürftig in weiße Folie gehüllt, als wollte man die Zeit aufhalten. Also schnell noch mal hinfahren – oder besser gleich hinfliegen – bevor er ganz verschwunden ist. Muss man gesehen haben.

Zeugenschaft statt Anklage

Das alles verweist auf uns Menschen als die großen Transformer der Welt. Wir können uns hier bei unserer Verwandlung zuschauen, denn auch, wenn es uns nicht bewusst ist – auch wir sind Natur. Wir verbrennen uns selbst.

Trotzdem erhebt Klapsch nicht den Zeigefinger. Kein moralischer Unterton, keine Abrechnung. Dafür ist seine Haltung zu klug, zu empfindsam. Einer, der selbst mehr oder weniger vergeblich aber doch bewusst versucht, mit kleinem CO2-Fußabdruck zu reisen, um sich ein Bild vom Zustand der Welt zu machen, kann nicht anklagen – aber er kann Zeuge sein. Zeuge unserer kollektiven Ohnmacht, Verantwortung zu übernehmen.

Die Ausstellung erinnert: Macht bedeutet Verantwortung. Auch wenn das Verhalten Einzelner nur begrenzt wirkt, taugt das nicht als Entschuldigung. Die eigentliche Aufgabe liegt in der Gestaltung unserer Gesellschaft – dort, wo Entscheidungs- und Gestaltungsmacht liegt. Politik, Wirtschaft und öffentliche Institutionen müssen das Offensichtliche endlich zur lebbaren Option machen.


Ausstellung: Thorsten Klapsch, „KlimaZeugen“, Fotografie.
Zeitraum: 26.04. – 01.06.2025, Öffnungszeiten: Freitag – Sonntag, 14:00-20:00 Uhr
Ort: HAUS#1, Waterloo Ufer o.Nr. (Nähe U1/ Hallesches Tor), 10961 Berlin

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