Lesezeichen setzen: RSS Feed abonnieren  Zu del.icio.us hinzufügen Zu Technorati Favoriten hinzufügen Diese Seite zu Mister Wong hinzufügen

Archiv der Kategorie ‘Berliner Bezirke‘

19. Juni 2011 21:06:54

… Häupter: Gekrönte und ungekrönte

Im Erdgeschoss des Kulturkaufhauses Dussman in der Friedrichstraße residiert seit geraumer Zeit eine Königin. Die ägyptische Pharaonin Hatschepsut hält, hier in Gestalt einer Sphinx, Hof und lässt sich von den Besuchern bewundern. Diese Herrscherin hatte bereits vor ca. 3500 Jahren, also lange vor einer Diskussion über Frauenquoten, das Zepter und die Macht, in dem damals wohl zivilisiertesten Land der Erde, in der Hand. Dies gilt, obwohl man hin und wieder bei Ägyptologen liest oder von Touristenführern hört, dass sie meist in Gestalt eines Mannes, also als Pharao, auf den Zeichnungen der inzwischen erschlossenen Grabmale dargestellt worden ist. Hatschepsut, ein wunderbarer Name, der sich – fällt mir gerade ein – vielleicht auch als Markenname für Nasentropfen sehr gut anhören würde, war jedenfalls eine gekrönte Königin.

Einige Meter weiter treffen wir – immer noch im Kaufhaus Dussmann unterwegs – auf einen ungekrönten König, dem dieser Tage ein ganzer Tisch für die Ergebnisse seines bisherigen musikalischen Werkes eingeräumt wurde. Über Bob Dylan, der am 24. Mai 70 Jahre alt wurde, ist schon fast alles geschrieben worden, so dass mir nur eines festzuhalten bleibt: Als er anfing zu singen, hörten ihm heutige Großmütter und Großväter in Sehnsucht und Verwirrung zu; nun spielt er immer noch, jetzt aber auch für die Enkel.

Am gestrigen Abend stieg an der Straßenbahn-Haltestelle Bahnhof Friedrichstraße eine festlich, überwiegend in Schwarz, gekleidete fünfköpfige Familie aus, deren Ziel das Maritim-Hotel war. Dort fanden Abi-Abschlussbälle statt, darunter auch einige von den Klassen, die von einer Berliner Firma betrogen worden waren. Während der Vater mit den zwei Mädchen vorauseilte, blieb die Mutter mit dem Jungen etwas zurück. Plötzlich nahm sie die Hand ihres, sie um einen Kopf überragenden Sohnes und begab sich – noch auf der Halteinsel der Straßenbahn – mit ihm in Tanzposition, zog ihn an sich und zeigte ihm die Tanzhaltung. – Sie und andere Mütter waren gestern abend nicht der Mittelpunkt der Feier, aber sie gehören auch zu den ungekrönten Guten. Sie haben ihre Kinder auf den abschließenden Tanz begleitet, aber auch nach dem Abitur werden viele der 18/19-Jährigen den eigenen Schritt nicht ohne Umwege und Hilfe finden.

 

Autor:

 

18. Juni 2011 14:52:35

… interkulturell: Menschen und Tiere

Das Haus, in dem ich wohne, ist ein ruhiges. Selbst Geburtstagsfeiern oder andere Feten verlaufen zumeist mit gedämpftem Geräuschpegel. Vielleicht ist der Bildhauer aus dem Vorderhaus symptomatisch für das gesamte Klima unter den Leuten. Wenn wir uns mal im Treppenhaus begegnen, wird zurückhaltend, aber freundlich, gegrüßt. Dabei würde mich schon mal interessieren, warum er immer die Frauen in seine Wohnung abschleppt. Genauer gesagt, sind es Skulpturen, oft lebensgroß, die dann irgendwann in seinem Zimmer, welches man von der Straße aus sehen kann, erscheinen und zu denen der Beobachter – wenn er nicht genau hinschaut – denken könnte, Menschen hätten sich im zweiten Stock zu einer Ausstellungseröffnung in unterhaltender Runde versammelt.

Mein Gegenüber im Hinterhaus pflegt das Multikulturelle: Zu seinem Haushalt zählen diverse Fische in einem prächtigen Aquarium und zwei edle Katzen – tippe auf Perser. Alle scheinen sich prima zu verstehen. Jedenfalls war noch nie Lärm zu hören, der darauf schließen ließe, dass die Katzen, die sehr mondän erscheinen und ungestört sowohl Tisch, als auch Kühlschrank meines Nachbarn zu ihrem Laufsteg auserkoren haben, den Fischen zu nahe getreten wären.

Des Nachbarn Fenster zum Hof ist allerdings mit einem Netz gesichert, welches mich an ein Handballtor erinnert. So sitzen die Damen Katzen des öftern auf dem Fensterbrett und betrachten von höherer, vernetzter Warte das Hofgeschehen. Ab und zu geht ihr Blick zu dem Grünfinken, der, insbesondere morgens, sein einfallsloses und monotones Fiepen ertönen lässt oder nach oben zum Mauervorsprung, wo der Amselhahn abends sein reichhaltigeres Repertoire in – zumindest für Ohren menschlicher Zweibeiner – wohlklingender Weise vorträgt. Einige Jahre brüteten die Amseln auf dem Hinterhof an der Wand mit dem stark gewachsenen Efeu. Nun hat der Wohnungsverwalter das Grün zurückschneiden lassen, weil es bereits in die Fenster hineinwuchs. Diese Aktion der Menschen kostete die Amseln ihren Nistplatz. Einmal waren Elstern über das Gelege der Amseln hergefallen und hatten eines der, noch nicht flugfähigen, Jungvögel totgepickt. Der, das mehrfache Anfliegen der Elstern und das aufgeregte Käckern der Amseln beobachtende, Mensch hatte einige Male mit lauten Rufen zugunsten der Amseln eingegriffen, konnte aber, da nicht ständig vor Ort, letztlich am Gang der Dinge nichts mehr ändern.

 

Autor:

 

13. Juni 2011 21:35:56

… zu Pfingsten: Originales und Originelles

Es ist immer interessant, nach dem Denken, Fühlen und Handeln der Menschen zu fragen. Was bewog zum Beispiel den Hauseigentümer in der Revaler Straße, an seine Hauswand den, aus einem Ovid-Zitat herrührenden, Spruch „Tempora si fuerint Nubila solus eris“ (Wikipedia: „Im Unglück wirst du allein sein“) anbringen zu lassen? Hatte er, um nur zwei Möglichkeiten anzuführen, bereits beim Kauf die Vorahnung, dass er seinen Kredit nie würde zurückzahlen können oder schwante ihm bereits zu diesem Zeitpunkt, dass seine Frau ihn verlassen würde?

Ebenso unbekannt sind die Motive jenes Sprayers, in erwähnter Straße auf einem Hausdach, dass von der Fussgängerüberführung am S-Bahnhof Warschauer Straße gut sichtbar ist, den Spruch „DEUTSCHLAND VERRECKE!!! KOPI BLEIBT!“ für die lesende Nachwelt zu hinterlassen. Vielleicht hat der Mann weder Arbeit noch Wohnung und seine Wut ist groß. Möglicherweise führt er aber auch ein ganz zufriedenes Leben und zieht mit seinen Spraydosen durch’s Land.

Auf dem vormaligen RAW-Gelände, südlich der Revaler Straße, welches den Eindruck eines in Auflösung befindlichen Lagerplatzes macht, scheint es überwiegend glückliche Menschen zu geben. Während sich am gestrigen, frühen Abend einige gutgelaunte Bewohner, mit einer Flasche Bier in der Hand, von der Sonne den Nebel des Vorabends aus den Köpfen vertreiben ließ, gingen andere ihrem Beruf nach und bedienten Gäste. Dass auf dieser besonderen friedrichshainischen Enklave deutsche Edelautos u.a. mit den Kenzeichen WI… und ERH… herumstanden, irritierte nicht nur auf den ersten Blick.

Beeindruckend war der Menschenstrom, der sich – ameisenkolonnengleich – vom S-Bahnhof Warschauer Straße hin zum gleichnamigen U-Bahnhof, weiter über die Oberbaumbrücke nach Kreuzberg und andererseits die Warschauer hoch bewegte, wobei  ein kleiner Teil der Menge auch in die touristisch überfrequentierte Simon-Dach-Straße abbog. Nur vereinzelt waren Pfingstausflügler hingegen in der Oberbaumcity vertreten. Hier, an der leider geschlossenen Zwinglikirche und den historisch interessanten, sanierten Industriebauten (heute BASF, früher NARVA, ganz früher Osram und Wasserwerke) mit dem ersten Hochhaus Berlins in der Rotherstraße, waren die Bewohner des Viertels überwiegend unter sich.

Sehr eng unter sich war man am Sonnabend im Schienenersatzverkehr von Storkower Straße Richtung Schönhauser. Der Busfahrer gab sich große Mühe, mitfahrende Touristen, vielleicht auch ein paar neue Zuzügler zu erschrecken. Er fuhr schnell, bremste scharf und brachte seine Durchsagen mit Grabesstimme und ohne jede Emotion über das Mikrofon. Busfahrer und Politessen sorgen ja ab und zu dafür, dass die Begeisterung der Einheimischen und Besucher für Berlin auch mal abgekühlt wird. Zu Stadt-Originalen werden beide Berufsgruppen damit aber noch lange nicht.

 

Autor:

 

9. Juni 2011 21:41:55

… Augenblicke: Jenseits von EHEC

Das Wartezimmer des Berliner Internisten war nur spärlich gefüllt. Eine etwa 40-jährige Frau mit leicht hervortretenden Augäpfeln, struppigem Haar und leidendem Gesichtsausdruck lag beinahe auf ihrem Stuhl und wartete anscheinend sehnlichst darauf, aufgerufen zu werden. Zwei Stühle weiter hatte sich ein 65-jähriger Mann mit schütterem Haar und einem markanten Schwimmringbauch niedergelassen und wurde kurz darauf von der, unentwegt redenden, Schwester zum Blutabnehmen ins Labor gebeten. Von dort konnte man das Ergebnis der vorgesehenen Prozedur akustisch mit verfolgen: Es klappte nicht. Nach zwei Versuchen brachte die Schwester den Mann wieder in das Wartezimmer zurück, gleichzeitig die übrigen Ausharrenden darüber aufklärend, dass „man ja nicht beliebig oft zustechen kann“. In der Zwischenzeit hatte eine korpulente 50-jährige Frau, deren optisches Erscheinungsbild durch verschiedene, nicht zueinander passende, Rottöne gekennzeichnet war, den Wartebereich betreten um sogleich der Schwester einen mitgebrachten Blumenstrauß zu überreichen. Ansonsten waren alle mit sich beschäftigt und starrten vor sich hin. Auf den Tischen lagen Image-Broschüren der Krankenkassen bzw. irgendwelche Werbeprospekte herum. Wer sich krank fühlt, hat kein Interesse an Krankenkassengelaber, noch weniger an Belehrung, höchstens an Unterhaltung und Ablenkung. Solche Zeitschriften fehlten aber in dieser Arztpraxis.

Als ich nach einer Stunde aufgerufen wurde und dem Arzt die Hand geben wollte, murmelte dieser etwas von EHEC, Grippe, Viren und ließ seine Hand stecken. Im Eiltempo wurde dann die Diagnose gestellt und die Anweisung für diverse Überweisungsscheine in den PC gehämmert. Sein Hinweis, dass es mit einem Termin beim Radiologen sehr schwer werden würde, erwies sich später als Volltreffer. Das deutsche Gesundheitswesen, welches den Menschen vom Patienten zunehmend in einen Kunden verwandelt hat, lebt (u.a.) vom flächendeckenden Einsatz der nun mal vorhandenen Medizin- und Labortechnik – gleichzeitig macht es damit alles immer teurer und irgendwann unbezahlbar. Bei der Quellensuche – die wie das Hornberger Schießen ausgehen könnte, denn man wird keinen Schuldigen finden – für den EHEC-Erreger hilft diese hochqualifizierte Technik offensichtlich aber auch nicht weiter. Vielleicht setzt sich ja auch mal die, selbst für medizinische Laien leicht nachvollziehbare Erkenntnis durch, dass man nicht vier Millionen Jahre menschliche Evolution (und damit Krankengeschichte) durch 50 Jahre Laborforschung kompensieren oder gar aushebeln kann!

 

Autor:

 

26. Mai 2011 14:20:40

… klein und fein: Mini-Mahler 04 im Kammermusiksaal der Philharmonie

Vor etwa 7 Monaten war ich schon mal bei Mini-Mahler, damals bei Release#01, und ich war hinterher vollkommen geflasht. Das kleine Kammermusik-Ensemble überzeugt in Klang und Perfektion wie selten ein Orchester. Gestern war nun Release#04 mit einem Programm, aus Debussys berühmtem Stück „Prélude à l’après-midi d’un faune“ und einem sehr persönlichen Stück von Mahler „Das Lied von der Erde“. Und es war wieder großartig! Ich kann die nächsten Auftritte in dieser Reihe wirklich wärmstens empfehlen. Ich glaube kaum, dass man diese Musik all zu oft auf diesem Neveau hören kann.

Mini-Mahler auf Facebook

 

Autor:

 

25. Mai 2011 11:42:13

… Wissenschaftspop: Sience Slam Berlin im Lido

sience slam berlin im Lido

Das Lido voll mit Akademikern, mehrheitlich im studentischen Alter, aber auch einige erfahrenere Interessierte, die sich neugierig anschauen, wie sechs ihrer wissenschaftlichen Kollegen versuchen, Einblicke in ihre Tätigkeiten zu vermitteln. On Stage: Biologen, Mediziner und Physiker, 2 Frauen, 4 Männer. Die performative Spannbreite reicht von live bespielten Kartonmodellen eines Zytometers bis zu smooth zoomenden Flashanimationen, von schräg kreischenden Stimmen, bis zu sonorem Berlinern.

Und am Schluss das beste: Boris, ein Teilchenphysiker, der das Haus rockt. Erstmals in der Geschichte des Sience Slam Berlin gibt es von den 10 im Publikum verteilten Jurygruppen unglaubliche 100 Punkte. D.h. Höchstwertung – mehr geht nicht. Und er hat es verdient! Boris erklärt, wie sich das verhält mit den Kräften und Massen in Protonen, wo die 3 Bestandteile weniger wiegen als das Ganze, und warum das bedeutet, dass man aus Energie Masse erschaffen kann, wenn man für ein paar Milliarden Euro in den genfer Alpen einen Kreistunnel baut, darin einen Teilchenbeschleuniger einsetzt und dann nur ganz bestimmten kleinen Phänomenen zuschaut, die passieren, wenn zwei Protonen kollidieren.

Wenn der Mann mal keine Lust mehr zum Forschen hat, kann (bzw. sollte) er mühelos Ranga Yogeshwar ablösen.

> Sience Slam auf Facebook

 

Autor:

 

17. Mai 2011 21:02:39

… lautstark: Blau Weiss Berolina und andere Verdächtige

Kürzlich las ich an einer Haustür am Koppenplatz: „Sehr geehrte Anwohner, am Sonntag, den 15.05.2011 spielen wir in der Zeit von 14.00-16.00 gegen den FC Nordost. Es ist ein Spitzenspiel und dieses Spiel entscheidet final über den Aufstieg in die Landesliga. Die Mannschaft ihre(s) Kiezes ist Tabellenführer und würde mit einem Sieg in die Landesliga aufsteigen. Das wäre der größte Erfolg in der 62-jährigen Vereinsgeschichte! Wir rechnen mit 400-500 Zuschauern und es kann folglich etwas lauter, als bisher gewohnt, werden. Wir bitten schon heute um Verständnis …“

Sehr rücksichtsvoll, Blau Weiss. Aber Sapperlot und Donnerlittchen, wo leben wir denn?! Wo, wenn nicht bei einem Fußballspiel, kann auch mal gebrüllt und voller Leidenschaft auf die Pauke gehauen werden. Berlin ist eine Großstadt und wer hier die sonntagnachmittägliche Friedhofsruhe eines Dorfes oder einer Kleinstadt sucht, muss sich in der Adresse geirrt haben. Außerdem ist Mitte eben nicht Marienfelde oder eine Villenkolonie am Wannsee. Für Immobilienscouts und andere Ermittler hier eine kleine Liste der üblichen, bekannten Geräuschverdächtigen, die ggfs. zu verhaften oder wenigstens zu verklagen sind: Durch Kurven quietschende Straßenbahnen. Von Ampel zu Ampel jagende, wolfsrudelähnliche Autopulks. Große und kleine Touristengruppen – mit oder ohne Alkoholspiegel – per pedes oder Rad. Eingezäunte Baustellen, die dennoch öffentliche Konzerte im Rammen, Kranen, Baggern oder Gerüstbauen veranstalten. Orangefarbene Müllkutscher, die durch Hauseinfahrten poltern. Dröhnendes oder (je nach Entfernung) schnurrendes S-Bahn-Klackern. Flugzeugbrummen, welches vom Himmel über Tegel nach Mitte tönt. Aufheulende Krankentransporte – auf dem Weg zur Charite – die Häuserschluchten für die Schallverstärkung nutzend. Lautsprecherbewehrte Demonstranten, die vor der FDP oder dem Weltuntergang warnen. Ein Led Zeppelin-Fan, der seine Nebenstraße selbstlos am „Immigrant Song“ teilhaben lässt. Liebende oder streitende Geschlechter. All das ergibt eine veritable Geräuschkulisse, die erst am Sonnabend morgen erlischt. Aber dann beginnt das Wochenende und da ist schließlich Fußball!

Übrigens: SV Blau Weiss Berolina Mitte 49 e.V. gegen FC Nordost – 1:0. Gratulation zum Aufstieg!

 

Autor:

 

16. Mai 2011 11:20:15

… wo der Müll singt: Das Park Sound Project soll unsere Parks schöner machen

<br />

Sie stehen einfach so am Wegesrand, wie kleine orangene Männchen mit breiten Mäulern, die zeitlebens beharrlich versuchen, den ihnen anvertrauten Müll aufzunehmen, auch wenn ihr Fassungsvermögen fast jedes Wochenende über die Maßen belastet wird. Über Nacht aber bekamen ein paar von ihnen im Schnelledurchlauf neue Kleider und eine Gesangsausbildung, wodurch sich ihr Arbeitsalltag ab heute nun deutlich verändert. Den Einwurf von jeglichen Materials müssen die nun grün gewordenen Männchen mit dem Trällern einer fröhlichen Melodie quittieren. Aus den Müllschluckern wurden Sängerknaben. Das ist das Park Sound Project.

Technisch gesprochen hört sich das so an: Es funktioniert mit Solarstrom. Ähnlich wie bei einem Parkscheinautomaten ist oben auf dem Mülleimer ein Solar-Panel. Die Abspielautomatik wird durch einen Wärmesensor ausgelöst, welcher leichte Veränderung der Temperatur wahrnimmt. Bei den Mülleimern ist das die Hand des Einwerfenden. Im Grunde genommen das gleiche Prinzip wie der Sensor einer Haustürbeleuchtung. Wenn Die Mülleimer voll sind, verändert sich die Temperatur nicht mehr, also erklingt keine Musik bis der Eimer wieder geleert wurde.

Bei meinem morgendlichen Hundespaziergang durch den Görli sah ich zwei grüne und 15 orangene Mülleimer. Die Musiker unter den Abfallbehältnissen stehen in der Nähe der Eingänge, so dass möglichst viele Menschen an ihnen passieren. D.h. die Aktion dürfte tatsächlich vielen Menschen auffallen, doch sind die Eingänge nun gerade die Orte, an denen die wenigsten Menschen etwas wegzuschmeißen haben. Erfahrungsgemäß quellen die Mülleinmer im Inneren des Parks nach den Wochenenden über und versinken in einem stinkenden Berg von Grillabfall, der ab Montag von den Krähen langsam abgetragen wird, bis dann irgendwann die Müllabfuhr kommt, um die Reste einzusammeln.

Das Park Sound Project möchte die Botschaft geben: „Lasst uns abfallfreie Flächen hinterlassen, denn auch morgen sitzt, singt oder spielt hier niemand gern im Müll.“Diese Botschaft ist sicher unterstützenswert, doch habe ich das Gefühl, dass es die Abfallsituation im Görli und im Mauerpark noch viel mehr entlasten würde, wenn man mehr und vor allem andere Abfallcontainer aufstellen würde. Wer die Mengen schon mal gesehen hat, die nach einem heftigem Grill-Wochenende im Park liegen, weiß, dass da nicht nur mehr kleine Eimer her müssen, sondern dass ganz andere Müllkonzepte erdacht werden müssen. Ich glaube mit zusätzlichen größeren Containern (getrennt nach Müllsorten, und einem extra Container für die oft noch heiße Kohle, um die regelmäßigen Müllbrände zu vermeiden) wäre dem Park mehr geholfen. Was nach einer Win-Win-Situation aussieht (für Parkbetreiber und Musiker), ist vielleicht doch leider eine letzlich wirkungslose Imagekampagne, wenn nicht gar eine akustische Lärmbelästigung.

Nachtrag (am 31.5.2011):

muellschutz
Leider glaube ich nicht an einen all zu großen Einfluss, des hier Niedergeschriebenen auf die Welt außerhalb des Blogs, doch oh Wunder, wenige Tage nach dem Post erschien im Park eine neuartige Form von Müllbehältnis. Oben mit Krähenschutzklappe, ansonsten ganz aus verzinktem Gitter. Das entspricht fast genau meiner Empfehlung! Diese Form von Müllbehältnis sollte flächendeckend und in verschiedenen Farben zum Sortieren des Mülls (vorallem in Asche und Restmüll) aufgestellt werden. Weiter so!

 

Autor:

 

12. Mai 2011 13:56:33

… anti: Touristen und Kreuzberg

Berlin does not love you

Mit dem Einspieler „Wir müssen draußen bleiben“ wurde in den ARD-Tagesthemen mit leicht ironischem Unterton berichtet, wie wenig begeistert alt eingesessene Kreuzberger, die ja ihrerseits auch alles nur Wahlberliner sind, auf Touristen aus aller Herren Länder reagieren. „Berlin does not love you“ schallt es von kreisrunden Aufklebern, die in übler Absicht arglosen Touristen auflauern, um ihnen hinterrtücks mit ausgrenzender Ablehnung entgegenzuschlagen, so im Beitrag zu hören.

Tatsächlich gibt es eine nicht ganz unbegründete ablehnende Unterströmung, gegen die absolute Tourismusvermarktung der Berliner Kieze, wobei deutlich zu sagen ist, dass sich diese Haltung eher gegen die hiesigen Profiteure, als gegen die Touristen selbst richtet. Denn es ist nicht zu leugnen, dass sich einzelne Stadträume wie z.B. der Wrangelkiez in wenigen Jahren extrem verändert haben, natürlich nicht nur zu deren Ungunsten, wobei aber der unangenehme Nebeneffekt auftritt, dass die Mieten in den Kiezen extrem rasch ansteigen. So entsteht ein Verdrängungsprozess, der das typische Kiezleben, das ja gerade für Touristen so attraktiv sein soll, in wenigen Jahren zum absterben bringt, und gegen Billig-Restaurants global-einheitlicher Ausprägung ersetzt.

Und an dieser Stelle beginnt dann doch die Touristen-Schelte, denn es ist festzustellen, dass vielen Besuchern der lokale Bezug der touristischen Attraktionen vollkommen egal ist. Viele wollen einfach nur Spaß haben, andere Touristen treffen, sich die Birne zusaufen, Burger fressen und dabei schlechte Musik hören – „international style“ zu lokalen Tiefstpreisen. Es scheint das ausgemachte Ziel dieser jungen internationalen Fun Communiy zu sein, die Berliner Innenstadt flächendeckend mit Scherben zu überziehen (scheiß auf die lokale Sitte der Pfandflasche), nachts laut und grundlos herumzugröhlen (Kreuzberger haben für ihre öffentlichen Äußerungen hingegen meist ernste Anliegen), alles abzufotografieren (wo wir doch extra unsere Häuder bei Google-Maps haben verpixeln lassen) und in die Grünflächen zu kotzen (Berliner betreten erfahrungsgemäß die innenstädtischen Grünflächen ohnehin nur widerwillig, von daher ist dieses Detail noch am wenigsten störend).

Also: Was wir wollen sind Flugpreise, die die echten Kosten dieser Technologie widerspiegeln und damit so teuer werden, das nur noch berechtigte Anliegen einen internationalen Flug rechtfertigen, so dass dann die Touristen zu uns kommen, die wir Kreuzberger sehr gerne bei uns empfangen, bewirten und mit denen wir gerne feiern.

scherben

Dazu die kleine Presseschau:
TagesspiegelSpiegelFocus

 

Autor:

 

12. Mai 2011 12:50:35

… sizilianisch: Etta Scollo im Tipi und auf neuer CD

(Entweder JavaScript ist nicht aktiviert, oder Sie benutzen eine alte Version von Adobe Flash Player. Installieren Sie bitte den aktuellsten Flash Player. )

Es ist ein bisschen wie auf der Piazza in Sciacca oder Siracusa nach Einbruch der blauen Dunkelheit: Eine kleine Insulanerin mit rauher Stimme singt, röhrt und schreit ihre Gefühle in die Nacht, während sich die Sterne zur Illustration in immer neuen Bildern formieren. Es geht natürlich um Liebe, Liebe, die meistens ziemlich kompliziert, aber immer hoch emotional ist. Etta Scollo tourt mit ihrer neuen CD „cuore senza“ im Gepäck (Erscheinen Ende Mai) durch Deutschland und entführt die Zuhörer nach Arcadien, in ein Land der alten Poeme, die sie neu vertont hat. Mal klingt sie nach weiblichem Tom Waits, mal knistert ein bisschen kitschig der Schmelz in ihrer Stimme, mal hört man die rockige Gianna Nanini – absolut italienisch eben. Und wem das alles nicht genug ist – vaffanculo!

Gesehen im Tipi

 

Autor:

 

Beitragsarchiv

Bizim Kiez – Website