10. Januar 2008 12:34:00
… 100 Jahre Tod: Max und Moritz sind dennoch quicklebendig
Max und Moritz, Peter Pankow (rechts) und Torsten Holzapfel (links). Foto: Günther G. Feld.
Pünktlich zum hundertsten Todestag von Wilhelm Busch startete gestern die Premiere zu „Max und Moritz“ im Theaterprojektraum F40. F40 ist die gemeinsame Spielstätte von Theater Thikwa und dem Englisch Theater Berlin. Erstmals wurde nun unter der Leitung von Günther Grosser eine gemeinsame Inszenierung auf die Bühne gehievt.
Die Schauspieler im mehr oder weniger festen Ensemble des Theater Thikwa sind mehrheitlich mehr oder weniger behindert. (Oder muss man heutzutage „körperlich-geistig benachteiligt“ sagen?) So auch die beiden Akteure in den Rollen von Max und Moritz Peter Pankow und Torsten Holzapfel, die allein durch ihre äußerlichen Merkmale schon als Idealbesetzung erscheinen. Der eine klein, dick, knuddelig, der andere lang, dünn und eckig. Dergestalt treiben sie ihr Unwesen und werden manchmal von ihrem Wesen getrieben, denn bis ins letzte Detail ist die Theaterarbeit mit den beiden sicher nicht planbar. Das macht aber gerade den Reiz und die Komik …
… des Abends aus. Wenn Max die Geschichte des Schneiders Böck erzählt, mäandert er sich in Schleifen und Stromschnellen durchs Thema, lässt keinen guten Gag aus, der plötzlich irgendwo am Ufer auftaucht und kommt, welch Wunder, doch am richtigen Ende an. Nun könnte man denken: Wie furchtbar, da stehen zwei arme Behinderte auf der Bühne, die sich abmühen und die Leute lachen sie nach Strich und Faden aus. Aber so ist es in keinem Augenblick! Die beiden sind ganz Schauspieler, sie verkörpern ihre Rollen, bieten dem Publikum eine bewusst lustige und lustvolle Show und genießen ihren professionellen Erfolg. Diese Lust am Spielen, Necken, Veralbern und bösen Scherzetreiben ist dabei ganz nah an der Bubengeschichte von Wilhelm Busch. Darum scheint das Anliegen der Aufführung aufzugehen, wonach man der Beantwortung von folgenden Fragen nachgehen möchte: Wer waren sie, diese Taugenichtse, die nichts anderes im Sinn hatten als „Menschen necken, Tiere quälen, Äpfel, Birnen, Zwetschgen stehlen?“ Was hatten sie gegen Schneider Böck, gegen Lehrer Lämpel, gegen Onkel Fritz und was wurde wirklich aus ihnen? Es wurden nach heutigem Sprachgebrauch „Andersbegabte“ aus ihnen. Diesen Andersbegabten gelingen spontane Pointen wie folgende. Moritz‘ Über-Ich lässt ihn nach der Ausführung eines Scherzes sagen: „Ich glaube wir sollten es bereuen?!“ Darauf Max eher Ausversehen: „Was denn? Dass wir geboren worden sind?“ Torsten Holzapfel als Moritz bemerkt blitzschnell den sozial unkorrekten Witz und sagt: „Da traut sich jetzt keiner drüber zu lachen.“ Für moralische Beklommenheit lassen einem die beiden aber keine Sekunde Zeit, und es geht sofort weiter mit den Späßen nach Wilhelm Busch.
„Max und Moritz“ ist Spaßtheater mit hohem Unterhaltungswert. Die Bühnenversion des Ur-Comics ist ein Humor-Klassiker jenseits von heutigen Humor-Klischees und dem verbreiteten Sarkasmus auf Kosten anderer.
Weitere Vorstellungen 10. bis 12. Januar sowie 7. bis 9. Februar jeweils 20 Uhr.
Fidicinstrasse 40, 10965 Berlin (Kreuzberg) im Hof ganz hinten im Studio.
Am 10. Januar 2008 um 12:43 Uhr
»zicke zacke mit geknacke« oder wie war das nochmal… sind wir nicht alle ein bischen »komisch«?! wann, wo und wie lange läuft denn das stück? wie haben denn kinder das stück aufgenommen? waren mehr erwachsene oder kinder drin? ich stelle so viele Fragen, weil Dein Artikel wirklich neugierig macht…
Am 10. Januar 2008 um 12:49 Uhr
Na wann und wo, steht doch da!
Kaum Kinder anwesend, denn es ist als Theater für Erwachsene konzipiert. Dennoch dürfte es auch für Kinder geeignet sein.
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