31. Oktober 2008 02:04:08
… dicht: gedrängte Kunst als Berliner Liste
Eric Parnes, Sex Drugs and Rock’n’Roll
Es ist ja so irre viel Kunst in der Stadt, dass langsam der Platz auszugehen scheint. Der Auftakt zum Kunstmessen Wochenende machte die Berliner Liste, diesmal im Haus Cumberland am Kurfürstendamm 193-194. Das alte Grand Hotel mit seiner verflossenen Eleganz bietet eine malerische Kulisse, die gegenüber der ausgestellten Kunst manchmal etwas überpräsent ist. Viele Galerien kommen mit den zum Teil sehr kleinen Räumen, die sie zur Präsentation nutzen, nicht wirklich gut zurecht. Da werden schon mal große, grob gemalte Bilder in einem 10 Quadratmeterraum in annähernd Petersburger Hängung präsentiert, und man kann die Bilder nur noch auf der Ebene des Duktus betrachten. Das ist nicht nur für Besucher, sondern insbesondere auch für die Künstler manchmal eine gewisse … … Zumutung. Außerdem lassen einige Galerien leider jegliche programmatische Ausrichtung vermissen, wodurch in manchen Räumen wirklich abenteuerliche Kombinationen entstehen, die wohl ausschließlich der Vermarktbarkeit geschuldet sind, gerade so wie die Kombination von Koons und Klee in der Neuen Nationalgalerie im institutionellen Bereich.
Aber wenn rund 80 internationalen Galerien mit rund 3-4 mal so vielen präsentierten Künstlern zusammenkommen, dann sind selbst unter widrigen Bedingunge einige Entdeckungen zu machen.
Auffällig ist z.B. Eric Parnes mit seiner ikonografischen Leuchtreklame für „Sex, Drugs and Rock’n’Roll“ in arabischen Schriftzeichen. Parnes bringt damit die Ambivalenz zwischen muslimischem Glauben und der Sensucht nach westlichem Lebensstandard zum Leuchten. Verbot und Lust und die bedingte Abhängigkeit der Gegensätze werden in seinen Werken nicht nur thematisiert, sondern auch mit einer klaren Botschaft formuliert.
Viel feiner dagegen Hannes Eddelbüttel, der winzige Schaukästen mit manipulierbaren Maschinchen baut, in denen man z.B. die Flügel einer Fliege per Zahnradübersetzung zum Flattern bringen kann oder ein Babypüppchen mit einem Insekt spielen lassen kann. Hier wird die (Horror)Vision des Nature Design in Vitro gesetzt. Man spürt anhand dieser Werke, wie nahe wir einer prothetischen Zukunft sind, von standardsierter Präimplatationsdiagnostik bis zu selbstverständlichen künstlichen Hüftgelenken. Es sind hinterhältige kleine Spielzeuge, denn wir haben Spaß beim Dehnen der ethischen Fragen.
Das sind nur zwei von vielen Künstlern, die erwähnt werden sollten und deretwegen der schlingernde Weg durch das alte Hotel auch sehr vergnügliche Abschnitte aufweist.
Nur noch bis 2.11.2008.
Am 23. September 2009 um 12:42 Uhr
Weil die Berliner Liste eine kleine Messe – privater – ist. Weil die Berliner Liste auch Künstler nimmt – die nicht seit 3 Jahren etabliert sind, wie im Art-Forum. Und weil ich auf den Kunstmarkt gehe habe ich dieses Jahr – 2009 – einen Stand auf der Berliner Liste, um auch meine Arbeiten aus dem Kunstbetrieb in den Kunstmarkt einzuführen. Ich bin gespannt, ob viele Sammler kommen, die Beiträge wie diesen gelesen haben und Lust auf „Das Neue“ bekommen haben. Der Mainstream der Post-Post Moderne kann vielleicht nur mit einer „weniger etablierten“ Messe angezapft werden, um einen neuen Nebenstrom zu erzeugen.
Ihr Burgy Zapp