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27. Dezember 2016 10:31:57

… dystopisch ungemütlich: Demokratur in Österreich

2017 wird ein  Jahr der Weichenstellungen mit einem neuen, bislang vollkommen uneinschätzbaren US-Präsidenten sowie Parlaments- bzw. Präsidentschaftswahlen in Frankreich, Deutschland und den Niederlanden. Und auch wenn es die Rechten und die Populisten in Europa jetzt doch (noch) nicht an die Macht schaffen sollten, so werden sie auch in den Folgejahren nicht einfach verschwinden, im Gegenteil. Ein Blick in eine nicht allzu weit entfernte, dafür umso düstere Zukunft, in sagen wir: 30 Jahren, zum Beispiel hinüber nach Österreich, könnte sich also lohnen. Gudrun Lerchbaum bietet diese schaurige Chance in ihrem dystopischen Thriller „Lügenland“.

Und so sieht es dann aus: In Nordafrika herrscht das Kalifat, in Russland das Chaos; Frankreich hat einen langen Bürgerkrieg hinter sich und Norditalien unter den Namen Padanien die Spaltung vom Rest des Landes vollzogen. Die Alpenrepublik hat sich für die Demokratur entschieden, man steht wieder stramm hinter einem Führer. Die sogenannten „Aufrechten“ sind an der Macht, wer nicht kuscht, gehört zu den „Wertlosen“ oder „Minderexistenzen“, alles Andersfarbige, Zugewanderte, Volksfremde wurde ausgewiesen, weggesperrt oder versklavt. Die Vergangenheitsbewältigung wurde für endgültig abgeschlossen erklärt, es herrscht lückenlose Überwachung – die Gleichschaltung ist (nahezu) komplett. Durch diese gruslige Komfortzone jagt Gudrun Lerchbaum die ganz und gar linientreue Soldatin Mattea Inninger, die wegen Mordes gesucht und plötzlich mit einer Kultfigur der Widerstandsbewegung – ja, die gibt es: die Zecken – verwechselt wird. Konfrontiert mit der Realität gerät Matteas Loyalität ins Wanken.

Man muss etwas Geduld haben mit dem Fluss der Story, Lerchbaum mag es behäbig, zuweilen umständlich, und Inninger muss durch eine ganze Menge Ungemach und Na-fast-hätten-sie-sie-nun-doch-gekriegt stolpern. Das Scenario des Totalitären, die Atmosphäre aus Biedersinn, militärischer Aggression und ideologischer Manipulation jedoch sind beängstigend plausibel – und nur anderthalb Schritte weiter gedacht, von 2017 aus. Der letzte Hort von Demokratie und Freiheit ist dann übrigens – Deutschland.

Gudrun Lerchbaum: Lügenland; Politthriller; Pendragon Verlag, Bielefeld 2016; 430 Seiten; €17.-

 

Kategorie:

Literatur | Politik

 

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