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30. März 2008 14:26:11

… kriminell satirisch: Rob Alef – Das magische Jahr

Rob Alef Das magische JahrDie Revolution hat gesiegt, es ist Sozialismus, im größten Kindertheater Berlins am Winterfeldtplatz geben sie „Kasperle und der Mehrwert“, an jeder Straßenecke der Stadt stehen lebende Wegweiser, die Informationen hinausposaunen, sobald sich Passanten nähern. So rückt man der Arbeitslosigkeit zu Leibe, und alles wäre gut, würde da nicht einer kurz vor der Feier zum Jubiläum der Revolte reihenweise Leute umbringen, die einstens, im magischen Jahr 1968 zum engen Kreis des Revolutionsführers Richard Dubinski gehörten. Hauptkommissar Pachulke macht sich an die Arbeit, seine Kollegin Zabriskie quält sich mit einer Wasserleiche aus dem Landwehrkanal herum. Es ist Juni, es schneit, der Müggelsee ist zugefroren.
Der Roman „Das magische Jahr“ von Rob Alef ist – man wird sich’s denken können – eine …

… Krimisatire, angesiedelt also in einer der schwierigsten Gattungen, wo schnell viel schief geht, weil die Grenzen eng gesteckt sind. Alef, laut Klappentext Franke und ›freier Rechtshistoriker‹ mit Wohnsitz Schöneberg, nähert sich der Sache von vier Seiten. Als Humorist, der, wie man’s zur Zeit gerne macht, die 68er durch den Kakao zieht; als Phantast, der die Geschichte hier und da aus der Kurve tragen lässt, um zu sehen, wo sie hinfällt – in eine Pinguinkolonie etwa, wo man die Whiskey-Sprache Poitín spricht – ; als Krimiautor, der eine verzwickt-komplizierte Mordserie bastelt und so seine Geschichte durch verschiedene Milieus jagt – Rotlicht, alternative Ärzte, Antiquare für 68-Reliquien, Sportreporter – und als Kulturhistoriker, der für alle Fans der Fab Four einen ganzen Haufen Hinweise auf die Beatles in der Geschichte versteckt hat – Bungalow Bill etwa betreibt jetzt den alten Golfclub der Briten draußen in Gatow! Nebenbei beweist Alef noch profunde Kenntnisse der Berliner Geographie, sein Personal kommt weit in der Stadt herum, Pachulke sammelt Leichen an der Oberbaumbrücke, am Kudamm, im Buddhistentempel in Frohnau und in Zehlendorf ein, er kotzt am Anhalter Bahnhof und stirbt fast auf dem Müggelsee.
Und Alefs Spagat funktioniert tatsächlich: Es macht Spaß, hier und da über lustige Einfälle (der nette kleine Puff etwa in der fahrenden Straßenbahn) zu stolpern, und die Spannung – was sucht der Kerl bloß, der alte Freunde mit einem merkwürdigen Instrument erschlägt? – hält an bis zur wahrhaft verblüffenden Lösung, die ein ganz neues Licht wirft auf Richard Dubinski alias Rudi Dutschke, denn Rudi war im Juni 68 bei der großen Schlacht ums Tegeler Vlies gar nicht dabei, sondern gönnte sich etwas. Wo Rudi war, worum und womit die Schlacht geschlagen wurde, verraten wir hier natürlich nicht.

Rob Alef: Das magische Jahr
Kriminalroman
Rotbuch-Verlag Berlin 2008
320 Seiten / 10,20 Euro

 

 

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